Wie weiter mit der Zeppelintribüne? Zur Zukunft der Erinnerung

PODIUMSDISKUSSION

Die Zeppelintribüne bröckelt. Zeitgleich mit dem fortschreitenden Verfall nimmt die Diskussion über ihre Zukunft und die Rolle des Nürnberger Reichsparteitagsgeländes für die nationale und internationale Erinnerungskultur an Fahrt auf. Einen neuen Schub bekam die Debatte in den vergangenen Monaten durch die konkreter werdenden Planungen zum baulichen Erhalt der Zeppelintribüne. Der Frage „Wie weiter mit der Zeppelintribüne?“ widmete sich am 22. Mai nun auch eine von der Nürnberger Abgeordneten Verena Osgyan organisierte Diskussionsveranstaltung der Landtagsgrünen im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände.

Verena Osgyan machte gleich zu Beginn der Veranstaltung deutlich, warum sie die Debatte über die Stadt Nürnberg hinaus öffnen möchte: „Die Diskussion darüber, welche Bedeutung wir dem Reichsparteitagsgelände in der deutschen Erinnerungslandschaft geben, ist aus meiner Sicht eine landesweite und nationale Aufgabe.“ Daher werden sich die Landtagsgrünen künftig auch verstärkt in diese Debatte einbringen. Die Diskussionsveranstaltung, an der neben Osgyan der Leiter des Doku-Zentrums, Florian Dierl, Dr. Axel Drecoll von der Dokumentation Obersalzberg sowie Dr. Pascal Metzger (Geschichte für Alle e.V.) und Christof Popp (BauLust e.V.) teilnahmen, sollte den Auftakt hierfür bilden.

Ausgangspunkt der Podiumsdiskussion, die von der Grünen-Stadträtin Britta Walthelm moderiert wurde, war die Frage, welche Bedeutung dem Reichsparteitagsgelände grundsätzlich zukommt – und welche Schlüsse sich daraus für dessen baulichen Erhalt ziehen lassen. Konsens herrschte über die Einschätzung von Verena Osgyan, dass die Bedeutung des Geländes über die Stadtgrenzen Nürnbergs hinausreicht. „Das ist ein Ort, der geht nicht nur Nürnberg was an“, erklärte Axel Drecoll. Weniger einig waren sich die einzelnen Experten jedoch darüber, welche Konsequenzen dies nach sich ziehen sollte. Während insbesondere Pascal Metzger die Sonderstellung des Zeppelinfelds betonte und für die von der Stadt Nürnberg favorisierte „Generalinstandsetzung“ der Tribüne plädierte, sprach sich Christof Popp von der Initiative BauLust dafür aus, sich dem Thema eher „denkend und forschend – nicht bauend – zu widmen“. Er warnte davor, baufachliche Fragen in den Vordergrund zu stellen: „Ein ausgereiftes pädagogisches Konzept sollte die Voraussetzung für das weitere Vorgehen sein.“ Die Instandsetzung sei dafür keine Voraussetzung.
Florian Dierl verwies darauf, dass das Doku-Zentrum derzeit an einem solchen Konzept arbeite. Schließlich könne das Gesamtgelände Zugänge zur Geschichte ermöglichen, die über die rein kognitive Erfahrung im Doku-Zentrum hinausgehen. „Ich denke hier beispielsweise an die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Gelände“, so Dierl. Auch Axel Drecoll vom Institut für Zeitgeschichte stellte fest, dass historische Orte zunehmend an Bedeutung gewinnen: „Nach und nach treten sie an die Position der Zeitzeugen.“ Bauliche Relikte würden jedoch nicht von selbst sprechen, sondern müssten durch historische Erklärungen und Einordnungen erst zum Sprechen gebracht werden. „Jedes Erhaltungskonzept setzt deshalb ein Gestaltungskonzept voraus“, so Drecoll.
An diesem Punkt hakte Verena Osgyan ein. Die von der Stadt 2004 aufgestellten Leitlinien zum Umgang mit dem Gelände seien zwar wichtig gewesen, daraus habe sich aber „viel zu wenig entwickelt“. „Mir fehlt insbesondere eine landespolitische Debatte darüber, wohin wir mit der bayerischen Erinnerungskultur wollen und welche Rolle Nürnberg darin spielen kann.“ Grundsätzlich sei eine bessere Vernetzung der einzelnen Gedenkorte nötig. „Dafür werden wir uns einsetzen“, versprach Osgyan.
Erfreut zeigte sich Verena Osgyan zum Schluss der Veranstaltung darüber, dass sich die verschiedenen Positionen annähern und sich die Diskussion „weg vom rein Baulichen“ bewege. Schließlich müssten zuallererst das Pädagogikkonzept und die Baumaßnahmen aufeinander abgestimmt werden. Die Debatte ist also noch lange nicht am Ende. Das kam auch in den abschließenden Worten von Verena Osgyan sehr deutlich zum Ausdruck: „Auch wir sind für den Erhalt des Geländes. Aber was erhalten heißt, bliebt Verhandlungssache.“

 

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