Nürnberger Clubszene: Vertrauen in Konzepte statt Verbote

Runder Tisch mit Vertreter*innen der Nachtkultur

Während trotz der Coronapandemie in manchen Wirtschaftsbereichen wieder viel ermöglicht wird, wartet die Clubkultur nach wie vor auf ein Signal, dass sie bald wieder ihre Türen öffnen kann.  Verena Osgyan bemängelt, dass die Aussagen des Ministerpräsidenten Söder und des zuständigen Staatsministern Sibler und Aiwanger zu den Perspektiven, wie es für Clubbetreiber und Veranstalter im Herbst weitergehen kann, immer noch völlig vage bleiben. Sie meint: „Hier braucht es einen klaren Fahrplan mit Alternativszenarien im Fall einer zweiten Welle.“ Dass Kulturveranstaltungen in Bayern nach wie vor am seidenen Faden der verbotenen Großveranstaltungen hängen, ärgert auch die kulturpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen, Sanne Kurz: „In Bayern dürfen Messen wieder durchgeführt werden, aber man schafft es nicht, auf Club-Betreiber*innen zuzugehen und mit ihnen darüber zu reden, wie ein coronakonformer Restart gelingen kann.

Natalie Keller, kulturpolitische Sprecherin der grünen Stadtratsfraktion, gibt zu bedenken, dass in Nürnberg demnächst viele Kulturorte unter diesen Umständen nicht mehr existieren können und gerade im Hinblick auf die Bewerbung als Kulturhauptstadt 2025 für die regionale Clubkultur schnellstmöglich Klarheit geschaffen werden müsse.

Die Frustration darüber, wie wenig Wertschätzung die Staatsregierung einer lebendigen Club- und Konzertszene entgegenbringt, wurde auch bei einem Treffen mit Vertreter*innen der Nürnberger Club- und Konzertszene deutlich, zu dem die stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Landtag, Verena Osgyan, am 3. September 2020 eingeladen hatte.  Gekommen waren Peter Harasim (Concertbüro Franken, Hirsch), David Lodhi (Nürnberg Pop, Club Stereo), Thomas Wurm (Nürnberg Pop, freier Künstler), Barbara Hofmann, (Desi Stadtteilzenrum e.V.),  Sabine Limmer (Desi Stadtteilzenrum e.V. , Kulturliga) und Marc Klages ( Latin Club Fogon u.a.).

Die Nerven liegen angesichts der Söderschen Salamitaktik blank, aber alle sind der Meinung, dass mit gut durchdachten Einlass- und Hygienekonzepten wieder ein lebendiges und trotzdem sicheres Nachtleben stattfinden kann. Eine kontrollierte Öffnung der Clubs mit professioneller Infektionsnachverfolgung muss möglich gemacht werden. Dafür gibt zuverlässige Einlasskonzepte, wie zum Beispiel das Online-Ticketing, die an anderen Kulturspielstätten bereits erfolgreich einsetzt werden.

Das ist auch dringend nötig, denn sonst besteht die Gefahr, dass die feierfreudige Jugend illegale Partys veranstalten, die sich schnell zu Hotspots entwickeln können, ohne die Möglichkeit, im Nachhinein alle Kontakte nachzuvollziehen. Doch offensichtlich fehlt das Vertrauen in die kompetente und verantwortungsvolle Arbeitsweise der Clubszene.

Außerdem muss die Kommunikation zwischen den zuständigen Ämtern und der Clubszene deutlich verbessert werden. In der kommunalen Verwaltung magelt es oft an Verständnis für die Arbeitsweise der Clubbetreiberinnen und Clubbetreiber sowie an Transparenz bezüglich der Entscheidungen über Anträge.

Die Bayerische Staatsregierung ignoriert derzeit völlig, dass die Kultur ein wichtiger Wirtschaftszweig ist, sowohl in Bezug auf die 400.000 Beschäftigten als auch im Hinblick auf die regionale Wertschöpfung. Deshalb haben die Landtagsgrünen noch vor der Sommerpause in einem Dringlichkeitsantrag gefordert, Großveranstaltungen zu definieren, damit die betroffenen Veranstalter*innen wenigstens in dieser Hinsicht rechtsverbindliche Leitplanken haben. „Wenn Licht- oder Tontechniker erst einmal im Supermarkt an der Kasse sitzen, dann wird der Neustart in der Clubkultur schwierig, wenn die Menschen Angst vor einem zweiten Lockdown haben“, warnt Sanne Kurz.  Wenn nicht bald Perspektiven für die Nachtkultur geschaffen werde, werden in der vielfältige bayerische Clubszene die Lichter ausgehen.

Schon seit Beginn der Corona-Pandemie hatten die Grünen im Bayerischen Landtag das Thema Nachtkultur intensiv bearbeitet, hier eine Auswahl der bisherigen Initiativen:

  • Dringlichkeitsantrag: „Großveranstaltungen definieren“
  • Antrag an den Digitalen Parteitag: „Under Pressure: Nachtkultur lebt von Verdichtung und ist bedroht von Verdrängung“
  • Pressemitteilung: „Klare Linie für jegliches Feiern: Für eine Cluböffnung mit professioneller Infektionsketten Nachverfolgung, nachvollziehbaren und sicheren Regeln für alle – statt Hin und Her von Söder & Co“