Jahresrückblick

Hochschulfreiheitsgesetz, Zukunftsmuseum und ICE-Werk: Das war mein Jahr 2021

JAHRESRÜCKBLICK

Sehr geehrte Damen und Herren, 
liebe Freundinnen und Freunde, 

kurz vor dem Sprung ins neue Jahr ist es Zeit, einen Blick über die Schulter zu werfen und das Jahr 2021 mit etwas Abstand zu betrachten. Meine Arbeit als stv. Fraktionsvorsitzende und Grüne Landtagsabgeordnete für Mittelfranken hielt wieder spannende Momente, informative Gespräche und neue Einsichten bereit. Ich muss jedoch zugeben, dass ich zunächst nicht erwartet hätte, dass sich Corona ein weiteres Jahr wie ein roter Faden durch die politische Arbeit ziehen würde. Es gab Hochs und Tiefs, Hoffnung angesichts des Impfstoffs, aber auch einige Ernüchterungen, die das Auftreten neuen Virusvarianten mit sich brachten.

Wir Grüne haben jederzeit den Standpunkt vertreten, dass diese Pandemie nicht auf den Schultern von Kindern und Jugendlichen ausgetragen werden darf. Die psychosozialen Auswirkungen, die durch fehlende Kontakte zu Freundinnen und Freuden und durch Isolation entstehen, sind immens und die Erwachsenen tragen die Verantwortung, der jungen Bevölkerung die soziale Teilhabe, Sport- und Kulturaktivitäten zu ermöglichen. Deshalb haben wir uns unermüdlich dafür eingesetzt, dass Kinder und Jugendliche – so lange es die pandemische Lage vertretbar machte – am sozialen Leben teilnehmen konnten und nicht in den Distanzunterricht zurückkehren mussten. 

Dennoch durften sowohl das parlamentarische Tagesgeschäft als auch unsere grünen Schwerpunktthemen in unserer Rolle als Oppositionsführerin im Bayerischen Landtag dabei nicht zu kurz kommen. 

Einige Blitzlichter aus meiner Arbeit 2021:

Wissenschaftspolitik in Bayern zukunftsfest aufstellen

Als Sprecherin für Wissenschaft und Hochschulpolitik war es mir auch 2021 wichtig, dass Studierende und Lehrende angesichts der Einschränkungen durch die Coronapandemie an den bayerischen Universitäten und Hochschulen unter guten Bedingungen arbeiten können und größtmögliche Planungssicherheit haben. Deshalb drängte ich – wie auch im Jahre 2020 – bereits im Januar 2021 darauf, bessere Voraussetzung und Leitlinien für digitale Prüfungsmöglichkeiten an den bayerischen Hochschulen zu schaffen, um Präsenzprüfungen mit über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu vermeiden. Deshalb habe ich eine deutliche Erhöhung des Budgets für die Digitalisierung an Bayerns Hochschulen um 1,2 Millionen Euro gefordert. Beim Wissenschaftsminister musste und muss ich leider in regelmäßigen Abständen eine vorausschauende Hochschulpolitik vor allem bezüglich der Verlängerung des Nachteilsausgleichs für Studierende anmahnen. Wichtige Punkte wie Studienhöchstdauer, Prüfungsfristen und BAföG werden von der Staatsregierung leider immer wieder kurz vor knapp geklärt, obwohl jedes Mal frühzeitig abzusehen ist, dass Handlungsbedarf besteht. Diese Verzögerungen zerren unnötig am Nervenkostüm der Studierenden und des Hochschulpersonals.  

Viele Nerven kostet mich nach wie vor die groß angekündigte Hochschulrechtsreform, die auch am Ende des Jahres in der Schwebe hängt. Der erste Gesetzentwurf wurde von der Staatsregierung lange zurückgehalten und dann im Mai 2021 veröffentlicht. Diese Vorlage bestätigte alle meine Befürchtungen: Demokratisch gewählte Gremien würden mit dem neuen Gesetz geschwächt und der Freistaat zöge sich aus seiner Verantwortung für die Hochschulen zurück. Trotz gegenteiliger Beteuerungen wird das Dogma der „unternehmerischen Hochschule“ weiter vorangetrieben. Wie verheerend die Auswirkungen auf alle Bereiche der Wissenschaft und Forschung wären, bestätigte auch mein Webinar “Bayerische Hochschulrechtsreform – aber richtig!”, in dessen Rahmen ich am 26. Februar 2021 Prof. Dr. Simone Derix (Lehrstuhl für Neueste Geschichte und Zeitgeschichte, FAU Erlangen-Nürnberg), Prof. Dr. Paula-Irene Villa Braslavsky (Lehrstuhl für Soziologie, LMU München) und Prof. Dr. Tobias Plessing, (Vorsitzender des Hochschullehrerbunds Landesverband Bayern e.V.) als Gäste begrüßen durfte. 

Als konstruktive Reaktion auf die Pläne der Staatsregierung haben wir Grüne – nach vielen Gesprächen mit Hochschulangehörigen in ganz Bayern – ein eigenes “Hochschulfreiheitsgesetz” eingebracht. Um die Hochschulen tatsächlich zukunftsfähig und innovativ aufzustellen und die Bedürfnisse der direkt Betroffenen umzusetzen, ist unserer Meinung nach ein kompletter Neuanfang nötig, der Themen wie Klimaschutz und Nachhaltigkeit, Gleichstellung und Diversity in der Wissenschaft und die Stärkung des gesellschaftlichen Auftrags der Hochschulen gerecht wird. Demokratische Gremienstrukturen müssen gestärkt und eine verfasste Studierendenschaft wieder eingeführt werden. Um die Universitäten und Hochschulen zukunftsfähig aufzustellen und echte Innovationen zu schaffen, braucht es die besten Voraussetzungen für gute Lehre und vor allem faire Arbeitsbedingungen. 

Was ein gutes und erfolgreiches Studium auch braucht, sind Arbeitsplätze, in denen Menschen gern lehren und lernen. Doch Bayerns Universitätsgebäude sind marode und nicht erst seit der Corona-Pandemie haben die bayerischen Hochschulen mit einer chronischen Unterfinanzierung zu kämpfen. Bereits Anfang 2020 belief sich der Sanierungsstau auf 5,8 Milliarden Euro, wie ich mittels eines Berichtsantrags erfuhr – und es ist davon auszugehen, dass er in den letzten zwei Jahren stetig angestiegen ist. Darüber hinaus ist es meiner Ansicht nach unerlässlich, dass nicht nur auf die akute Baufälligkeit reagiert wird, sondern die Hochschulgebäude auch fit für die Zukunft gemacht werden. Dafür brauchen wir zusätzlich ein kraftvolles Programm zur energetischen Modernisierung, um unsere Hochschulen 2030 klimaneutral aufzustellen. Dies fordert die Grüne Landtagsfraktion für den kommenden Haushalt ein 

Ein spannendes und zukunftsweisendes Projekt für meine Heimatstadt Nürnberg sowie für die ganze Wissenschaftsregion ist die Errichtung der Technischen Universität, die seit einem Jahr an der Brunecker Strasse vorangetrieben wird. Im Sommer und im Herbst dieses Jahrs habe ich ausführliche, offene Gespräche mit dem Gründungspräsidenten Prof. Prof. Dr. Dr.  Hans Jürgen Prömel und dem Kanzler Dr. Markus Zanner führen können. Für sie stehen interdisziplinäre Forschung und Lehre im Vordergrund, bei der Technik-, Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften Hand in Hand arbeiten. Die Suche nach qualifiziertem Lehrpersonal, die auch junge Wissenschaftler*innen ansprechen soll, sowie der Bau des Verfügungsgebäudes gehen in Riesenschritten voran. Besonders hervorzuheben ist die gute Zusammenarbeit und Unterstützung durch die FAU und die TH Nürnberg. Ich freue mich schon auf ein nächstes Treffen im Frühjahr und bin gespannt auf die weitere Entwicklung. 

Aufklärung zur Finanzierung des Zukunftsmuseums 

Die Dependance des Deutschen Museums in Nürnberg, die am 17. September 2021 eröffnet wurde, beschäftigt die Landtagsfraktion der Grünen schon seit einigen Jahren. Im Jahr 2021 wurde der Ruf nach Aufklärung der Vorgänge rund um das Gebäude am Augustinerhof wieder lauter. Unter anderem wurde bekannt, dass die Firma GIP Grundig Immobilienpark GmbH, die dem Bauunternehmer Gerd Schmelzer gehört, im Jahr 2018 eine Parteispende in Höhe von 45.500 Euro an die CSU getätigt wurde. In zahlreichen parlamentarischen Initiativen forderten wir mehr Transparenz bezüglich der Entscheidungsfindung zur Standortwahl und zur Finanzierung der Außenstelle des Museumsneubaus. Denn bei jährlichen Mietkosten in Höhe von 2,8 Millionen Euro für eine Laufzeit von 25 Jahren handelt es sich um den teuersten Mietvertrag, den der Freistaat jemals abgeschlossen hat. Über die parlamentarischen Initiativen hinaus gaben die Landtagsfraktionen Grüne, SPD und FDP zwei Sachverständigengutachten zu den Mietkonditionen in Auftrag, deren Ergebnisse am 29. Juli 2021 in einer gemeinsamen Presserklärung vorgestellt wurden. Die Gutachten kommen zu dem Schluss, dass die Miete mehr als doppelt so hoch ist, als sie standort- und objektbezogen eigentlich sein dürfte. Entweder hat sich der Freistaat bei den Mietkonditionen komplett übers Ohr hauen lassen oder es wurde bewusst nicht so genau hingeschaut. Beide Möglichkeiten werfen kein sonderlich gutes Licht auf die Staatsregierung. Das widerspricht jedem haushälterischen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, denn durch die Finanzierungsvereinbarungen geht der Mietvertrag massiv zulasten des Freistaates Bayern und damit der bayerischen Steuerzahlerinnen.  

Brisanz erlangen die Fragen, wer die politische Verantwortung für die Entscheidungen zu Standort und Mietvertrag sowie zur Finanzierungsvereinbarung trägt. Damit konfrontierten wir auch den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder in Form eines Briefes, den er jedoch vom Wissenschaftsminister Bernd Sibler beantworten ließ. Die beiden Gutachten stellten wir auch dem Bayerischen Obersten Rechnungshof für weitere Prüfungen zur Verfügung und das Ergebnis soll noch im Januar 2022 vorliegen. Wir werden die weiteren Vorgänge um das Zukunftsmuseum auch im kommenden Jahr begleiten und kommentieren. 

Die Kritik an den Kosten sollte jedoch unabhängig von der Einrichtung des Museums an sich betrachtet werden. Sabine Weigand, Barbara Fuchs, Sanne Kurz, Elmar Hayn und ich bekamen Mitte Dezember im Rahmen einer Führung durch die Museumsleitung einen Einblick in das innovative Konzept. Die Ausstellung möchte dezidiert zur Diskussion über die Chancen und Gefahren anregen, Utopien und Dystopie entwerfen und an mancher Stelle auch bewusst provozieren. Bei einigen Themen hätte ich mir eine noch bessere Einordnung gewünscht. Ich freue mich schon darauf, bald mehr Zeit mitzubringen und mich dem einen oder anderen Exponat noch eingehender zu widmen zu können.  

Schwerpunktthema Sozialer Zusammenhalt

Die Grüne Landtagsfraktion hat sich bei der Winterklausur im Januar 2021 und auf unserem Sozialkongress im März 2021 intensiv damit beschäftigt, wie soziale Berufe zukunftsfähig aufgestellt werden können, denn einmalige Boni und Beifallklatschen reichen schon lange nicht mehr. Dabei wurden neben Wissenschaftler*innen und Expert*innen beispielsweise Pflegekräfte, Erzieher*innen und Sozialarbeiter*innen eingeladen, uns ihre Ideen mitzugeben. In einem umfangreichen Antragspaket legten wir ein „Upgrade“ der sozialen Berufe in Bayern und spezifische Programme für die Kita und die Pflege vor: bessere Bezahlung, attraktivere Ausbildungs- und Jobbedingungen, mehr Digitalisierung, vom „Frauenberuf“ hin zur Geschlechtergerechtigkeit, vom „Herzensberuf“ hin zur Anerkennung dessen, was soziale Berufe sind: anspruchsvolle Professionen.  

Nicht nur die Arbeitswelt, auch der Alltag stellt vor allem Frauen, die nach wie vor einen großen Teil der Care-Arbeit tragen, vor große Herausforderungen. Im Rahmen der Veranstaltung “Meine Wege – deine Wege”   diskutierten Tessa Ganserer, die frauenpolitische Sprecherin der Nürnberger Stadtratsfraktion Natalie Keller und ich mit Dr. Bente Knoll, Geschäftsführerin Büro für Nachhaltige Kompetenz Wien, und Uta Bauer, Teamleiterin Forschungsbereich Mobilität am Deutschen Institut für Urbanistik Berlin, über geschlechtergerechte Stadt- und Verkehrsplanung. Ein sehr spannendes Thema, das nicht nur in Nürnberg viel mehr Beachtung finden sollte.

Ein weiteres Thema, von dem viele Frauen heute betroffen sind, habe ich anlässlich des Aktionstages gegen Gewalt an Frauen aufgegriffen: Bei der Podiumsdiskussion “Hashtag Hass – Frauen als Zielscheibe von Cyber Mobbing und Hate Speech” am 17. November 2021 diskutierten Sabine Böhm (Geschäftsführerin der FrauenBeratungNürnberg für gewaltbetroffene Frauen und Mädchen) Katharina Schulze (Fraktionsvorsitzende BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bayerischen Landtag) und Anna Wegscheider (Juristin bei HateAid, Beratungsstelle bei digitaler Gewalt) über die nötigen Maßnahmen zur besseren Strafverfolgung von Kriminaltaten im Netz. 
Auch, wenn beide Veranstaltungen in digitaler Form stattfinden mussten, sind daraus sehr gute Diskussionen erwachsen und haben Anregungen zu weiteren politischen Initiativen gegeben.

Auf Tour

Der Sommer 2021 bot angesichts der damals niedrigen Inzidenzen die Möglichkeit, einige Außen-Veranstaltungen anzubieten. Zusammen mit dem Grünen Ortsverband Gostenhof lud ich am 27. Juni 2021 unter dem Motto „Grüne Wege zu Kunst, Kultur und Kneipen 2021“ zu einer Tour durch den multikulturellen Nürnberger Stadtteil ein, der sich vom „Glasscherbenviertel“ zum Künstler*innen-Biotop entwickelt hat. Die Denkmaltour 2021 mit Sabine Weigand führte diesmal auf geschichtsträchtige Nürnberger Friedhöfe. Der Alte Jüdische Friedhof und der Johannisfriedhof sind alles andere als düstere Orte, bergen viele Geheimnisse und erzählen Schicksale. Besonders gefreut hat mich, dass ich auch heuer wieder die Stadt(ver)führungen im September anbieten konnte. “Forsche(r) Frauen – von Freidenkerinnen, Humanistinnen und Wissenschaftlerinnen” standen im Mittelpunkt des Rundgangs durch die Altstadt – von Maria Sibylla Merian bis Prof. Dr. Veronika Grimm. Ein wichtiges Thema, denn bis heute kämpfen Wissenschaftlerinnen in Forschung und Lehre um Gleichberechtigung und Gleichstellung. 

Herbstklausur 2021: Schwerpunkt Wald und Wasser 

Dass gerade die Versorgung mit Wasser zunehmend zum Problem werden kann, haben wir als Mittelfränkische Grüne Abgeordnete erst jüngst mit mehreren Anfragen zur Trinkwasserqualität und Grundwasserneubildung feststellen müssen. Mit der Zukunft unserer Natur in Bayern befasste sich die Landtagsfraktion bei ihrer Herbstklausur 2021 in Fürth. Unter dem Motto “Unser Wald – Unser Wasser – Unser Leben” drehte sich alles um die inhaltlichen Schwerpunkte Wald, Wasser und Moore, zu denen drei Positionspapiere beschlossen wurden. Klimastabile Wälder, sauberes Wasser und intakte Moore sind wichtige Barrieren gegen Klimafolgen. Eins der formulierten Ziele ist die Renaturierung von Mooren, die währenddessen für Photovoltaik-Freiflächen genutzt werden können. Dies erzielt einen doppelten Nutzen, denn so kann Sonnenstrom gewonnen werden und gleichzeitig regeneriert sich der CO2-Speicher für ein besseres Klima. Darüber hinaus fordern die Grünen eine Ausweitung der Wasserschutzgebiete auf mindestens zwölf Prozent der Landesfläche bis zum Jahr 2030. Auf der Abschluss-Pressekonferenz haben die Landtags-Grünen mit dem BUND Naturschutz in Bayern e.V. eine gemeinsame Erklärung verabschiedet: „Ein Wald für uns alle – Staatswald zu Bürgerwald machen“. Der Wald ist die grüne Lunge Bayerns und trotzdem wurde über Jahrzehnte eine gewinnorientierte Forstwirtschaft zu betrieben. Nun müssen neben den ökonomischen Interessen die Leistungen für Mensch, Klimaschutz und Artenvielfalt in den Vordergrund rücken, was bedeutet, dass Gemeinwohl vor Profitinteresse stehen muss und kein bestehender Staatswald mehr für neue Gewerbeansiedlungen gerodet werden darf. Dies durchzusetzen, ist auch derzeit für uns Grüne in der Region bei mehreren Projekten eine Herausforderung.

ICE-Werk: Verkehrswende nicht gegen Waldschutz ausspielen! 

Die Rodung von Bannwald steht auch im Zentrum der Debatte um das geplante ICE-Ausbesserungswerk, die vor allem im Nürnberger Land in diesem Jahr erbittert geführt wurde und nach wie vor die Gemüter bewegt. Im Oktober 2020 wurde bestätigt, dass ein Ausbesserungswerk in oder bei Nürnberg entstehen sollte, da sich diese Region – nach Angaben der Bahn – bei der Prüfung von über 70 Standorte als idealer Knotenpunkt erwiesen hat. Im Werk sollen auf einer Betriebsfläche von bis zu 45 Hektar täglich 25 Züge der 4. ICE – Generation gewartet werden und dadurch über 450 neue Arbeitsplätze entstehen. Am Anfang des Jahres 2021 sind neun mögliche Standorte im Gespräch, doch unter den betroffenen Anwohner*innen regt sich Protest, da die ausgewählten Orte alle auf unversiegelte Naturflächen liegen, teilweise handelt es sich um Natura 2000 Schutzgebiete und Bannwald. Eine ausreichend große Fläche, die bereits infrastrukturell vorgeprägt ist, steht jedoch im nötigen Radius von 25 Kilometern rund um Nürnberg nicht zur Verfügung.

Schnell wurde klar, dass hier ein Zielkonflikt zwischen dem Erhalt des Bannwaldes und der Schutzgebiete und dem nötigen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur vorliegt. Ab März 2021 nehmen die Proteste der Bürgerinitiativen Fahrt auf und die Grünen gehen in den intensiven Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern. Die Nürnberger Grünen legen im April 2021 eine kompaktere Variante für das Werk vor, welches vom Planungsbüro Quadra Ingenieure GmbH konzipiert wurde. In diesem Entwurf würde das Werk nur 23 Hektar Fläche beanspruchen, da die Abschnitte parallel, statt hintereinander angeordnet sind. Diese Variante wird von der Deutschen Bahn geprüft, jedoch als nicht optimal für die nötigen Arbeitsabläufe abgelehnt. Im September 2021 dann die überraschende Wende: von den neun Standorten bleiben nur drei in der engeren Auswahl. Das ehemalige Heeres-Munitionslager (MUNA) in Feucht, ein Areal südlich davon sowie ein drittes Gebiet nahe dem kleinen Dorf Harrlach bei Roth. Die Bürgerinitiativen organisieren Kundgebungen und Protestmärsche, da alle drei Gebiete im geschützten Bannwaldliegen und die Anwohner*innen den Verlust ihrer Naherholungsgebiete, Lärmbelastung und Lichtverschmutzungfürchten. Darüber hinaus bringt das Werk ein hohes Verkehrsaufkommen mit sich. Das Gelände der MUNA müsste vor der Bebauung von Kampfmitteln befreit werden. Nachdem der Beginn des Raumordnungsverfahrens zunächst für den November 2021 angekündigt wurde, ist der Startzeitpunkt nun verschoben worden.  

Aus Sicht der Grünen darf die Verkehrswende nicht auf Kosten der Natur umgesetzt werden. Es ist nach wie vor die Frage im Raum, ob tatsächlich von der Bahn alle Flächen im süddeutschen Raum geprüft wurden. Die Landtagsgrünen stellten zunächst Anfang September eine Schriftliche Anfrage, um dazu nähere Informationen zu erhalten, ob es mögliche Alternativen gibt. Nachdem die Antworten nicht befriedigend ausfielen, wurden weitere neun Anfragen zum Plenum gestellt, deren Antworten lediglich auf die Verantwortlichkeit der Bahn verweist. Wir Grüne im Landtag und der Region werden mit einer umfassenden Kommunikation auf allen Ebenen das Thema weiterverfolgen und stehen als Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger jederzeit zur Verfügung.  

Protest gegen Sandabbau in Röthenbach

Was Protest bewirken kann, zeigte das Beispiel Röthenbacher Wald im Mai 2021. Auf einer Fläche von 50 Hektar sollte über einen Zeitraum von 35 Jahren Quarzsand abgebaut werden. Die Altdorfer und Winkelhaider fürchteten um ihr Klima, weil das Vorhaben einerseits in unmittelbarer Nähe zur beliebten Röthenbachklamm erfolgen sollte und andererseits, weil das die Rodung von Bannwald bedeuten würde, der über 100 Jahre alte Bäume, bedrohte Tier- und Pflanzenarten umfasst. Das rief nicht nur die Bürgerinitiative „Nein zum Sandabbau bei Altdorf“, sondern auch uns Landtagsabgeordnete auf den Plan: Tessa Ganserer, der Fraktionsvorsitzende Ludwig Hartmann und ich machten uns bei einem Vor-Ort-Termin ein Bild von der Lage und sicherten vollumfassende Unterstützung des Protests durch parlamentarische Initiativen zu. Im Oktober 2021 erreichte uns dann die Nachricht, dass die Regierung von Mittelfranken im Rahmen des Raumordnungsverfahrens festgestellt hat, dass das Vorhaben nicht raumverträglich ist, da die beabsichtigte Rodung nicht ausgeglichen werden kann und besonders geschützte Arten sowie der Wasserhaushalt von dem Eingriff in die Natur betroffen wären. Diese Entscheidung löste bei den Anwohnerinnen und Anwohnern und natürlich auch bei mir große Erleichterung aus! 

Neue Perspektiven für das Nürnberger Opernhaus 

Ein Grund zur Freude gab es für mich auch noch kurz vor Weihnachten: Der Stadtrat beschloss am 16. Dezember 2021, dass der Interimsbau für das sanierungsbedürftige Nürnberger Opernhaus in oder bei der Kongresshalle eingerichtet werden und das Musiktheater nach der Sanierung wieder in das Opernhaus am Richard-Wagner-Platz zurückkehren soll. Das war eine dringend notwendige Entscheidung, nachdem nicht mehr viel Zeit bleibt, um für die Sanierung und die Errichtung einer Ausweichspielstätte bis 2025 alle nötigen Vorbereitungen in die Wege zu leiten.  

Es ist aber auch höchste Zeit, dass die Staatsregierung sich – als 50-prozentiger Träger der „Stiftung Staatstheater Nürnberg“ – endlich verbindlich zu ihrer Verantwortung für das größte Drei-Sparten-Haus Bayerns bekennt. Nürnberg ist die zweitgrößte Stadt Bayerns und in der Bayerischen Verfassung heißt es: “Bayern ist eine Kulturstaat”. Ich habe deshalb bereits im Juli und Oktober 2021 das Thema erfolgreich auf die Tagesordnungen der zuständigen Ausschüsse setzen können, damit auch der Landtag vollumfassend informiert wird. Mit dem Opernhausinterim wird es gelingen, auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Kunst und Erinnerungskultur sensibel zu verknüpfen. Durch ein städtebauliches Konzept kann der Richard-Wagner-Platz zu einem belebten Kulturquartier werden, das Altstadt und Südstadt miteinander verbindet. 

Fazit

Alles in allem war 2021 ein wechselvolles, erfolgreiches und – soweit pandemiebedingt möglich – begegnungsreiches Jahr. Ich blicke nun optimistisch in das Neue Jahr und bin sicher, dass es einige positive Veränderungen und Impulse mit sich bringen wird. Manche Themen werden mich weiter begleiten, mache werden neu dazu kommen, aber langweilig wird es sicher nie. Die politischen Herausforderungen sind immens und deshalb wird es besonders spannend, wie Bundes- und Landepolitik angesichts der grünen Regierungsbeteiligung zusammenarbeiten werden. Besonders freut mich, dass meine ehemalige Landtagskollegin Tessa Ganserer und Sascha Müller nach einem erfolgreichen Bundestagwahlkampf nun als Abgeordnete die Bundespolitik mitgestalten. Meine Wiederwahl als stellvertretende Fraktionsvorsitzende sowie als Leiterin des Arbeitskreises Bildung & Kultur hat mich ebenfalls bewegt. Ein besonderes persönliches Highlight in 2022 wird auch sicher meine Teilnahme als Deligierte bei der Bundesversammlung.  

Ich hoffe, dass 2022 das Jahr wird, in dem wir die Pandemie mit vereinten Kräften eindämmen können und so wieder mehr persönliche Begegnungen möglich sind. Wir sollten gemeinsam daran arbeiten, dass die vielbeschworene “Spaltung der Gesellschaft” sich als Trugschluss herausstellen wird, denn auch im vergangenen Jahr durfte ich erfahren, dass Vertrauen und der offene Dialog sehr viel bewirken kann. 

Mit allen besten Wünsche für das neue Jahr!

Ihre / Eure
Verena Osgyan