38. Landesjugendkongress der GRÜNEN JUGEND Bayern

GRUSSWORT

Zum 38. Landesjugendkongress der GRÜNEN JUGEND Bayern kamen etwa 90 Jugendliche in Erlangen zusammen. Unter dem Motto „Sei sozial, Staat“ wurden Anträge zur Reformierung des Sozialstaats und der Verbesserung der sozialen Lage in Bayern beschlossen. Ziel ist es, die Schere zwischen Arm und Reich zu schließen und allen Menschen Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen. Verena Osgyan hat sich sehr gefreut, zu diesem wichtigen Schwerpunkt als regionale Abgeordnete für Mittelfranken mit einem Grußwort beitragen zu können, und snchliessend einen Workshop zur Hochschulpolitik leiten zu dürfen.

Hier ihr Grußwort im Volltext:

Liebe Freundinnen und Freunde der Grünen Jugend,

zuerst einmal vielen lieben Dank für die Einladung zum Landesjugendkongress! Ich freue mich sehr, hier stellvertretend auch für meine Kolleginnen und Kollegen aus der Landtagsfraktion heute ein Grußwort sprechen zu dürfen, und keine Angst, es wird auch nicht sehr lang werden.

Euer Motto „Sei Sozial, Staat“ ist gerade jetzt in der Tat ein sehr spannendes, und es trifft tatsächlich einen Nerv der Zeit. Unser Grüner Bundesverband hat ja vor einiger Zeit bereits eine sog. „Mappingstudie“ in Auftrag gegeben, einige von Euch haben davon bestimmt bereits davon gehört oder sie präsentiert bekommen. Sie basiert auf der Befragung Grüner Wählerinnen und Wähler, welche politischen Themen sie stark bewegen, und wo sie Kompetenzen bei den Grünen sehen.

Die Ergebnisse waren insofern sehr interessant: Wir Grünen werden nach wie vor als DIE Umweltpartei wahrgenommen, und uns werden große Kompetenzen zugeschrieben beim Eintreten für eine offene Gesellschaft. Dazu gehören die Themen Bürgerinnenrechte, Gleichstellung von Mann und Frau, LGBTI-Rechte, eine echte Integrations- und Migrationspolitik die diesen Namen verdient, sowie ein kompromissloser Schutz unserer persönlichen Daten.

Für all diese Themen machen wir uns auch kontinuierlich im Bayerischen Landtag stark, und legen den Finger in die Wunde bei den Versäumnissen und Tricksereien der CSU-Staatsregierung. Ein paar Beispiele:

Wir haben im Umweltbereich vor kurzem erst einen Antrag gestellt zur sofortigen Abschaltung des AKWs Gundremmingen, einem der letzten Siedewasserreaktoren des Tschernobyl-Typs. Aber obwohl genug Strom auf dem Markt ist, um die Restlaufzeiten drastisch zu verkürzen, will die Staatsregierung weiter mit dem Risiko spielen.

Wir erwarten am Montag das Urteil zu unserer Klage gegen die unsinnige 10h-Regelung, die in Bayern den Windkraftausbau fast zum erliegen gebracht hat. Dafür dürft ihr uns fest die Daumen drücken!

Im Bereich Soziales und Integration gilt es auch dicke Bretter zu bohren.

Auch wenn sich Emilia Müller – gerade wenn sie vor Kirchenverbänden spricht – immer gibt als ob sie Kreide gefressen hätte, gerade ihr Ressort ist ein Ort der sozialen Kälte und der ideologischen Verbohrtheit. Letzte Woche erst kam heraus, dass behinderte Kinder in Bayerischen Heimen offenbar in großem Maßstab rechtswidrig fixiert werden, das erinnert ungut an die Zustände im Maßregelvollzug.

Und obwohl die bayerische Drogenpolitik krachend gescheitert ist – Die Drogentoten in Bayern steigen immer mehr an, und Nürnberg ist bundesweit trauriger Spitzenreiter, weigert sich die CSU-Regierung beharrlich mit Drogenkonsumräumen wenigstens für ein sicheres Umfeld zu sorgen. Das ist reine Ideologie, selbst der Bezirkstagspräsident Josef Mederer – selbst CSU – hat mittlerweile dafür plädiert.

Besonders übel sieht es im Bereich Asyl, Migration und Integration aus. Bayern nimmt zwar zugegebenermaßen relativ viel Geld in die Hand für die Beschulung von Flüchtlingskindern und anderen Maßnahmen, macht aber mit scharfmacherischen Forderungen nach Zuzugsbegrenzung und Sanktionen in Anbiederung an die AFD-Wähler gleichzeitig die politische Stimmung in der ganzen Republik kaputt und treibt so der AFD die Wählerinnen auch außerhalb Bayerns zu. Die Strategie, keine Partei rechts der CSU, geht damit voll nach hinten los, mit Schaden für uns alle.

Der neueste Hit ist der Entwurf für ein Bayerisches Integrationsgesetz, das im Prinzip eine reines Sanktionsgesetz ist, denn hier sollen Geflüchtete allerlei Auflagen bekommen, wenn sie beispielsweise nicht schnell genug die Sprache erwerben, was nicht nur in weiten Teilen grundgesetzwidrig ist, sondern auch verschleiert, dass gar nicht genug Sprachangebote vorhanden sind. Anstatt auch festzuschreiben, wie Integration gefördert werden kann – wie es unser Gesetzentwurf vorsieht, ist der CSU-Entwurf ein reines Raushaltegesetz.

Und der politisch, wie ich finde ,bedenklichste Teil ist die Tatsache, dass die „Leitkultur“, der CSU-L“eitkult“ jetzt in ein Gesetz gegossen werden soll, ohne dass genau ausgesagt wird, was das eigentlich ist. Ich frage mich, ob das dann in eine Verwaltungsvorschrift festgelegt wird, was Leitkultur ist und was nur Kultur. Als es gibt Grundwerte, die Gesetzesrang haben, und da gibt es bereits ein sehr gutes Grundgesetz, Kultur hingegen in einem Landesgesetz festschreiben zu wollen, ist ein in der bisherigen Gesetzgebung beispielloser Fehltritt. Alle Verbände, auch die Diakonie haben sich jetzt in der Anhörung scharf dagegen ausgesprochen. Wir werden dieses Gesetz scharf bekämpfen und unsere Forderung nach einer gründlichen und vorurteilsfreien Förderung echter Integration auch mit der Forderung nach einer Integrations-Enquette-Kommission untermauern, denn erst einmal brauchen wir eine solide Analyse, wo der Schuh drückt. Hier wurde 30 Jahre lang geschlafen…

Und wo wir schon beim unseligen Wirken des Müller-Ressorts sind, möchte ich auch gleich ein Blitzlicht auf die aktuellen frauenpolitischen Themen im Landtag werfen, eines meiner Hauptthemen.

Das Bayern nach dem Kippen des Betreuungsgelds jetzt wider bessere Vernunft ein Landesbetreuungsgeld einführt, wisst ihr. Eine Maßnahme, die nicht nur gleichstellungspolitisch kontraproduktiv ist, denn sie führt in direkter Linie durch falsche Anreize zur Altersarmut für Frauen. Die 100 Milionen jährlich in der ersten Ausbaustufe und später sogar 260 Millionen wären besser in frühkindlicher Bildung angelegt. Wir haben dazu eine Anhörung im Landtag eingefordert, und auch hier kam raus – nahezu alle Verbände sprachen sich dagegen aus, aber das ist der CSU wurscht. Und auch sonst sieht es mit der Gleichstellung im Freistaat nicht so gut aus, auch wenn die CSU markig behauptet, es wäre doch schon alles erreicht und plötzlich die Gleichstellung für sich vereinnahmt, wenn es um Geflüchtete geht.

Der aktuelle Gleichstellungs-Bericht der Staatsregierung war ein Dokument des Versagens und der Ignoranz, denn selbst die schwachen soll- und kann-Bestimmungen des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes werden nicht eingehalten. Im öffentlichen Dienst Bayerns verdienen Frauen bei gleicher Qualifikation auf exakt der gleichen Position 7,9 % weniger.

Frauen und Teilzeitkräfte erhalten im Schuldienst systematisch schlechtere Beurteilungen, was ihre Aufstiegschancen massiv verschlechtert, und über ein Viertel aller Dienststellen in Bayern hat weder eine Gleichstellungsbeauftragte bestellt noch ein Gleichstellungskonzept vorgelegt, obwohl das Gesetz es seit knapp 20 Jahren vorschreibt. Mir fällt dazu kaum ein anderer Rechtsbereich ein, beim dem es ohne jegliche Sanktion geduldet wird dass Bestimmungen einfach über Jahrzehnte hinweg nicht eingehalten werden. Wir haben deshalb letzte Woche den Entwurf für ein Grünes Chancengleichheitsgesetz eingebracht, damit hier endlich Nägel mit Köpfen gemacht wird, was die Gleichstellung von Mann und Frau im Öffentlichen Dienst betrifft, und natürlich fordern wir auch Quoten, denn mit labbrigen Selbstverpflichtungen wie es die CSU will wird es nicht gehen!

Ich denke, hier sind wir in Bezug auf unsere Politik für eine soziale, ökologische und offene Gesellschaft sehr klar aufgestellt, und erfüllen die Erwartungen unserer Wählerinnen und Wähler.

Die Mapping-Studie, die ich eingangs erwähnt habe, bringt aber noch einige andere interessante Ergebnisse zutage. Wenn unsere Wählerinnen und Wähler befragt werden, welche politische Frage sie am dringendsten erachten, was sie persönlich am meisten bewegt oder auch ängstigt, ist das die wachsende soziale Ungleichheit, Demographischer Wandel, Altersarmut, die wachsende Kluft im Wohlstand zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen, aber auch zwischen verschiedenen Generationen.

Hier geht es um Chancengerechtigkeit – hier brauchen wir einen Umbau unseres Bildungssystems, wir haben einen Aspekt davon heute schon mit einem Workshop zur sozialen Flankierung des Studiums behandelt. Es geht aber um mehr als Chancengerechtigkeit, es braucht auch Verteilungsgerechtigkeit.

Diese herzustellen wird eine der größten und politisch umstrittensten Herausforderungen für uns Grüne, und da sind wir unter uns auch noch keineswegs klar wo die Reise hingeht – spätestens auf dem Programmparteitag zur Bundestagswahl wird sich hier einiges klären.

Ich finde es es deshalb umso wichtiger dass ihr euch heute dieses Themas in den unterschiedlichsten Facetten annehmt, denn die Frage wir Sozial der Staat sein kann, sein will ist vor allem auch ein Zukunftsthema, ein Thema der Generationengerechtigkeit.

In unserer Gesellschaft haben derzeit leider die älteren Jahrgänge die Mehrheit, dass größere Stimmgewicht. Umso wichtiger ist, dass die älteren die jüngeren nicht in Bezug auf ihre eigenen Interessen – bspw. Beim Rentenniveau – majorisieren, denn das hindert uns daran langfristig gerechte Konzepte zu finden und neu zu denken.

Daher freut es mich, dass ihr hier eure Stimme erhebt, quer denkt, und Themen angreift sie vielleicht heute noch nicht reif zur Umsetzung sind, aber in 10, 20. 30 Jahren vielleicht alternativlos.

Ich möchte da explizit das bedingungslose Grundeinkommen nennen, bei dem ich aktuell noch viele Fragezeichen habe. Sollte aber auch nur teilweise das eintreten, was McKinsey prognostiziert, das in Bayern bis 2025 aufgrund der Digitalisierung fast 40% der Jobs wegfallen, ist klar das wir über die Themen Ehrenamt, Erwerbsarbeit und eine gerechtere Verteilung von Einkommen und Grundsicherung noch einmal völlig neu nachdenken müssen.

Zugegeben, beim Antrag zum junggrünen Steuerkonzept habe ich auch einige Einwände, und wir dürfen nicht vergessen dass das wenigste davon auf Landesebene entschieden wird, aber nichtsdestotrotz: es ist der richtige Zeitpunkt, die Debatte um einen neuen Sozialstaat zu eröffnen.

Und wir brauchen euch dazu als Alt-Grüne, um die Perspektiven der Jungen mit einzubringen, und freuen uns auch eine fruchtbare und gerne auch kontroverse Diskussion.

Viel Erfolg noch und viel Spaß dabei, und gute Wahlen!

Danke!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert