Politisches Kaffeetrinken mit Cemal Bozoğlu MdL

Aktuelles aus dem Untersuchungsausschuss NSU II

Cemal Bozoğlu, Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus der Grünen Landtagsfraktion im bayerischen Landtag, war auf Einladung seiner Kollegin Verena Osgyan und dem Grünen Ortsverband Gostenhof am 20. November 2022 zu Gast in Nürnberg, um über den Verlauf und die Aussichten des zweiten Untersuchungsausschusses zum NSU-Komplex im Bayerischen Landtag zu sprechen.

In der Veranstaltung, die in der Nordkurve stattfand, sprach Cemal Bozoğlu von den bisherigen Erkenntnissen und den gesteckten Zielen bis zum Ablauf der Legislaturperiode im Oktober. Auch wenn die Sitzungen des NSU-UA öffentlich sind, wurde deutlich, dass vieles auch interessierten Personen leider unbekannt ist. “Es ist unglaublich, dass Behörden jahrelang die Verbindung nicht hergestellt haben und die Taten des NSU bis zum Schluss nicht im rechtsradikalen Milieu gesucht haben. Da taucht ein Neo-Nazi-Trio unter, welches bekannt dafür ist Bomben zu bauen, in ihrer Garage wird Material dafür sichergestellt und nach ihrem Untertauchen kommt es zu diversen Bombenanschlägen, aber eine Verbindung will niemand sehen?” so Cemal Bozoğlu zu den Ermittlungsfehlern der Länderverfassungsschutzämter. Die fragwürdigen Lücken in der Ermittlung strecken sich von der Polizei, zu den Landes- und Bundesverfassungsschutzämtern, dem Staatsschutz, bis hin zu den Staatsanwaltschaften. Denn durch die Aktenlage des NSU-UA wird deutlich: Die Vielzahl an V-Leuten in den rechten Strukturen hätten eigentlich genügend Erkenntnissen führen müssen, um diese zu zerschlagen. Aber durch die Befragungen zeichnet sich ein Bild allzu enger Beziehungen zwischen V-Leuten und bekannten rechten Größen der Szene, die auch den Mitarbeitern des Verfassungsschutzes wiederum nahezu keine sensiblen Informationen weitergaben und offenbar auch nicht mussten. Man gab sich zufrieden mit Informationen über rechte Konzerte. Wie sowohl Verena Osgyan als auch Cemal Bozoğlu forderten, muss es in den Sicherheitsapparaten zu tiefgründigen Reformen kommen, da sie im Feld der Aufklärung in der Neo-Nazi Szene auf allen Ebenen versagt haben.

Klar ist aber auch, dass der Untersuchungsauftrag dieses Untersuchungsausschuss beschränkt ist auf die Untersuchung des NSU-Komplexes in Bayern. Verena Osgyan, Mitinitiatorin des Untersuchungsausschusses erklärt dies so: „Wenn fünf der zehn Morde des NSU in Bayern stattgefunden haben, müssen wir der Frage nachgehen welches Unterstützernetzwerk hatte der NSU? Warum ausgerechnet Bayern? Was hat Bayern für Neo-Nazis als Ort von Terrorangriffen so attraktiv gemacht? Und wir müssen uns klar machen, dass die Unterstützerinnen und Unterstützer heute noch immer unter uns, in unserer Stadt leben. Deshalb ist die Aufgabe des Untersuchungsausschusses den NSU-Komplex gerade hier in Bayern Bayern zu beleuchten von größter Wichtigkeit“

Dies hat auch einige Fragen des Publikums beantwortet, da sich viele die Zerschlagung des gesamten NSU-Komplexes durch den Ausschuss erhofft hatten. Darüberhinaus stellte sich die Frage, wie man als Zivilgesellschaft, wie auch als Fraktion weiter agieren sollte, wenn der Ausschuss wenig neue Erkenntnisse erzielen sollte. Wie Verena Osgyan und Cemal Bozoğlu bestätigten, seien Anträge schon in Vorbereitung, um gewisse Kritikpunkte bezüglich der Sicherheitsapparate anzugehen. Beide bestätigten, dass sie eine gänzliche Abschaffung des Verfassungsschutzes nicht befürworten würden, da er im Grunde in seiner Aufgabenstellung wichtig sei. Aber man müsse eine Reform anstreben, in der alle Ebenen, angefangen bei der Ausrichtung und Strukturierung der Einrichtung, bis hin zur Auswahl der Mitarbeitenden, neu gedacht werden müssten. So wie bisher seien die Sicherheitsapparate nicht hinreichend wirksam gegen rechte Netzwerke und zudem parlamentarisch kaum zu kontrollieren.

Eine wichtige, wenn auch verstörende Erkenntnis des Ausschusses ist zudem, dass noch bis in jüngste Zeit eine Vielzahl an Akten vernichtet wurde, und sogar erst vor einem Jahr – als sich schon abzeichnete dass es einen zweiten NSU-Untersuchungsausschuss geben wird – angeblich aus Versehen eine große Anzahl relevanter Daten aus dem polizeilichen Ermittlungssystem Easy gelöscht wurde. Umso ärgerlicher, dass mit stimmen der Regierungsfraktionen CSU und FW entsprechende Beweisanträge der Opposition zu diesem Sachverhalt abgelehnt wurden.

Aber auch wenn Grüne Anträge und Vorstöße im Landtag immer wieder blockiert oder verhindert werden sollten, versicherten beide Abgeordnete, dass die Grüne Landtagsfraktion die treibende Kraft für eine lückenlose Aufklärung des NSU-Komplex im Landtag war, ist und auch in Zukunft sein wird.