ANTRAG
Ausgerechnet im Bildungsland Bayern, das sonst so hohe Ansprüche an die hier zu erzielenden Abschlüsse legt, ist das Führen so genannter „kleiner Doktortitel“, die vor dem 1. September 2007 erworben wurden, gestattet. Eine entsprechende Regelung erfolgte laut Medienberichten erst im Nachgang eines Verfahrens wegen Titelmissbrauchs gegen den CSU-Generalsekretär Scheuer. In unserem Antrag im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst wollen wir in diesem Zusammenhang aufklären, welche Motivation das Bayerische Wissenschaftsministerium bei der Einführung des Bestandsschutzes zum Führen solcher im Ausland erworbenen „kleiner Doktorate“ hatte, und fordern die sofortige Rücknahme der Regelung.
Hier unser Antrag im zum Nachlesen:
Im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern – mit der Ausnahme Berlins – existiert in Bayern eine Sonderregelung, die es ermöglicht, die Abkürzung „Dr.“ ohne fachlichen Zusatz und ohne Herkunftsbezeichnung zu führen, obwohl die hierfür eigentlich notwendigen akademischen Voraussetzungen nicht erfüllt wurden. Sie gilt für sogenannte „Berufsdoktorate“, die ohne Promotionsstudien und -verfahren vergeben werden, ebenso, wie für Doktorgrade, die nach den rechtlichen Regelungen des Herkunftslandes nicht der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation der Studienabschlüsse (1. Ebene: Bachelor, 2. Ebene: Master; 3. Ebene: Wissenschaftliche Promotion) zugeordnet sind (z. B. sogenannte „kleine Doktorgrade“ aus der Tschechischen und Slowakischen Republik). Voraussetzung ist lediglich, dass die Zulassung zu einem solchen Promotionsverfahren vor dem 1. September 2007 erfolgte.
Ein nachvollziehbarer Grund für diese willkürliche Regelung ist nicht erkennbar. Auch steht die Regelung im Widerspruch zu den hohen Ansprüchen, die normalerweise akademischen Abschlüssen und der Anerkennung derselben zugrunde liegen. Das Führen des Doktorgrads sollte ausschließlich dem Nachweis akademischer Leistungen dienen – nicht der Demonstration persönlicher Eitelkeit. Deshalb gilt es die bestehende Sonderregelung unverzüglich aufzuheben.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Klärung der Frage, weshalb die Staatsregierung eine solche Ausnahmeregelung überhaupt für nötig befunden hatte. Diese Frage ist insbesondere vor dem Hintergrund der Tatsache zu klären, dass die Staatsanwaltschaft Passau ihre Ermittlungen gegen den heutigen CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer 2005 – laut Süddeutscher Zeitung – „nur wegen einer absehbaren Gesetzesänderung“ eingestellt habe. Da diese Schilderung einen Zusammenhang zwischen dem Verfahren und der Verordnung zumindest denkbar erscheinen lässt, ist eine ausführliche Berichterstattung der Staatsregierung im Landtag dringend erforderlich.
Die Staatsregierung wird aufgefordert,1. im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst bis spätestens Ende Februar über die jeweiligen Rechtsgrundlagen zur Führung sogenannter „kleiner Doktorgrade“ aus der Tschechischen und Slowakischen Republik seit dem Jahr 2000 zu berichten. Hierbei soll insbesondere auf folgende Fragen eingegangen werden:a) Weshalb sah sich die Staatsregierung veranlasst, im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern – mit der Ausnahme Berlins – eine Sonderregelung zu erlassen, die auch bei sogenannten „kleinen Doktorgraden“ das Führen des regulären Doktorgrades gestattet – sofern die Zulassung zu einem solchen Promotionsverfahren vor dem 1. September 2007 erfolgte?
b) Wann genau fiel innerhalb der Staatsregierung die Entscheidung, eine solche Sonderregelung zu erarbeiten und welche Mitglieder der Staatsregierung waren an der Erarbeitung beteiligt?
c) Wann genau und in welcher Form wurde die Sonderregelung erlassen?
d) Trifft es zu, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Passau gegen den heutigen CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer wegen Titelmissbrauchs nur eingestellt wurden, da eine Änderung der rechtlichen Regelungen zur Führung des sogenannten „kleinen Doktorgrades“ aus der Tschechischen Republik absehbar war?
e) Wann und durch wen wurde die Staatsanwaltschaft über die entsprechenden Planungen der Staatsregierung informiert?
2. die Sonderregelung, die auch bei sogenannten „kleinen Doktorgraden“ das Führen des regulären Doktorgrades gestattet – sofern die Zulassung zu einem solchen Promotionsverfahren vor dem 1. September 2007 erfolgte – aufzuheben.