Tourismustour mit Christian Zwanziger

ORTSTERMIN

Was macht die Corona-Krise aus dem Tourismusland Franken? Wie verändern die Einschränkungen das Reisen und die Destinationen? Und welche Chancen und Risiken bietet die aktuelle Situation für die Zukunft des nachhaltigen Tourismus? Das will Christian Zwanziger, in der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sprecher für Landesentwicklung und Tourismus,  bei seiner diesjährigen Tourismus-Tour durch Franken herausfinden.
Am 13. und 16.7. war er dazu auch bei Verena Osgyan, MdL, in Nürnberg zu Gast. Bei der Messe Nürnberg informierten sie sich über den Messe- und Geschäftstourismus. Außerdem stand der Nürnberger Tiergarten auf dem Programm, der nicht nur eine äußerst beliebte Freizeiteinrichtung ist, sondern sich auch als Bildungseinrichtung versteht. Im Projektbüro der Stadt Nürnberg sprachen Christian Zwanziger und Verena Osgyan mit dessen Leiter Andreas Radlmaier über die Nürnberger Großveranstaltungen und ihre Zukunft.

13.7.20, Besuch bei der Messe Nürnberg

Im Gespräch mit Yvonne Coulin, Geschäftsführerin der Congress- und Tourismuszentrale Nürnberg, und Dr. Thomas Koch, Messe Nürnberg (Kommunikation, Personal & Recht, Mitglied der Geschäftsleitung) zeigten sich die besorgniserregenden Auswirkungen der Corona-Krise im Bereich des Messe- und Geschäftstourismus. Die 155 Nürnberger Hoteliers sind derzeit nur zu 30% ausgelastet, da die Buchungen von Geschäfts- bzw. Messereisenden fehlen. Am Businesstourismus hängen 30.000 Arbeitsplätz (inkl. 15.000 Arbeitsplätze an der Messe). Yvonne Coulin fordert mehr Planungssicherheit und schlägt vor, dass die Bay. Landesregierung eine Grundlinie bzw. Standards für den Umgang mit Corona in Bayern kommuniziert, um das Vertrauen der Geschäftsreisenden bzw. der Firmen zurück zu gewinnen und Transparenz zu schaffen.

Auch die Prognosen von Dr. Thomas Koch sind düster. Die Messe hatte ein Rekordjahr 2020 vor sich und ist „mit Vollgas in eine Nebelwand“ gefahren. Die riesigen Messehallen stehen leer – die meisten Mitarbeiter*innen sind im Homeoffice. Wenn das 1. Quartal 2021 – in dem die meisten Messen stattfinden – ebenfalls ausfällt, sind die Zukunftsaussichten katastrophal. Es wird wahrscheinlich bis 2023/24 dauern, bis wieder Aussteller und Gäste aus USA, China, Japan kommen. Ohne die internationalen großen Player rentiert sich aber eine Messe aber nicht. Die Messe hat Sicherheitsstandards und ein Hygienekonzept auf RKI-Niveau und es gilt nun, das Vertrauen der Aussteller zurückzugewinnen.

Dr. Thomas Koch fordert eine staatlich geförderte Messebeteiligung für Bayerische Aussteller.

Außerdem sind zum Beispiel Hochschulkongresse in nächster Zeit wieder möglich, die von der Politik unterstützt werden sollten.

16.7.20., Tiergarten Nürnberg
Der Tiergarten Nürnberg kann derzeit täglich bis zu 6.000 Besucher*innen einlassendie Häuser bleiben jedoch geschlossen, da darin die Einhaltung der Abstandregeln nicht umsetzbar wäre. Dr. Dag Encke, Direktor des Tiergarten Nürnberg, und Dr. Nicola Mögel, Pressesprecherin Tiergarten Nürnberg, möchten die gesellschaftliche Funktion des Tiergartens weiter ausbauen. Es ist ihnen ein Anliegen, dass der Tiergarten nicht nur ein Freizeitvergnügen ist, sondern den Besucher*innen ein Bewusstsein für die Natur und den Artenschutz vermittelt und eine Plattform zur Diskussion bieten. Der Tiergarten ist an vielen Forschungsprojekten zu Eisbären, Harpyien, Kropfgazellen, Schweinswalen, Wakitas und Flussdelphinen beteiligt, aber die Delphinlagune ist nach wie vor ein Politikum. Vor allem die Shows werden von Tierschützer*innen kritisiert und die Zooleitung wird das Show-Konzept nochmal nachdenken. Dr. Encke vertritt die Ansicht, dass die Delphinarien auch eine Schutzeinrichtung für bedrohte Arten bilden. Wenn immer mehr Delphinarien weltweit geschlossen werden, gibt es kaum noch Orte, wo – auch verletzte – Tiere aufgenommen und erforscht werden können. Das Know-How aus den Delphinarien wird seiner Meinung nach für den Artenschutz dringend benötigt.

Ehrgeizige Pläne gibt es in Hinsicht auf die Energieversorgung: In 10 Jahren will der Tiergarten bei der Eigenversorgung komplett ohne fossile Brennstoffe auskommen und die „grauen Energien“ minimieren. Dazu soll in Kooperation mit N-Ergie, den Bay. Staatsforsten und der Stadt Nürnberg ein eigenes Kraftwerk entwickelt werden.

Auch wird die Beschilderung und die Digitalisierung des Tiergartens verbessert.

16.7., Projektbüro der Stadt Nürnberg
Andreas Radlmaier leitet das Projektbüro, das anlässlich des Stadtjubiläums im Jahr 2000 gegründet wurde und dessen Team die äußerst beliebten Nürnberger Großveranstaltungen wie die „Blaue Nacht“, das „Bardentreffen, „Klassik Open Air“ u.v.m. koordiniert.Das Projektbüro hat Studien bei der FAU und der GfK in Auftrag gegeben, die u.a. ergeben haben, dass ca. 20% der Besucher*innen aus Deutschland und dem Rest der Welt zu den Festivals anreisen – 80 % kommen aus Nürnberg /Franken /Bayern. 85% der Besucher*innen nutzen für den Besuch die öffentlichen Verkehrsmittel bzw. das Fahrrad.

Die Festivals wurden in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie alle angesagt, nur die Stadt(ver)führungen finden vom 18. – 20.09.2020 statt. Viele der Künstler*innen konnten auf nächstes Jahr umgebucht werden, aber mit dem Ausfall der Festivals gehen der Stadt Einnahmen von ca. 4,5 Mio. Euro verloren (inkl. Hotellerie, Gastronomie etc.).

Derzeit bespielt das Projektbüro in kleinen Formaten die Stadt. Da die Festivals immer sehr frühzeitig – meist mit einem Jahr Vorlauf – geplant werden, ist eine langfristige Perspektive, wie es 2021 weitergeht, für Andreas Radlmaier das wichtigste Anliegen. In 2021 sollen auch die Konzepte der Großveranstaltungen in Hinblick auf Nachhaltigkeit nochmal neu überdacht werden. Und natürlich bleibt es spannend, ob Nürnberg im Jahr 2025 Kulturhauptstadt wird – in diesem Jahr feiert auch das Bardentreffen 50. Geburtstag.