#FreeNawalny-Demo: Gegen Repression in Russland

Am Samstag, 13. Februar 2021, fand am Nürnberger Kornmarkt eine friedliche Demonstration zur Unterstützung des Politikers Alexej Nawalny statt, die seine Freilassung als politischer Gefangener forderte. Die Veranstaltung zeigte Solidarität mit Betroffenen, die sich für die Unabhängigkeit des Justizsystems und gegen das totalitäre Regime in Russland aussprechen. Ich habe mich mit einem Grußwort beteiligt:

Ich erinnere mich noch gut an die Zeiten des kalten Kriegs, als wir hier in Deutschland an der Bruchlinie zweier bis an die Zähne hochgerüsteter atomarer Machtblöcke standen. Mit dem demokratischen Aufbruch der Ex-GUS-Staaten waren daher unglaublich viele Hoffnungen verbunden. Diese Hoffnungen haben sich nur zum Teil erfüllt. Die Russische Föderation war von Anfang an keine lupenreine Demokratie, dennoch halte ich es für richtig und wichtig mit Russland weiterhin im Rahmen der Europäischen Einigung eng zusammenzuarbeiten. Deswegen ist es umso wichtiger, dass man in der Zusammenarbeit mit Russland Maßstäbe hat. Und diese Maßstäbe stehen jetzt auf dem Prüfstand, denn mit dem Fall Navallny hat sich einmal mehr gezeigt, dass unter Putin Russland mehr und mehr zu einem autokratischen System umgebaut wird. 

Aber Russland ist nicht Putin. Die Freundschaft mit Russland hat sich vorrangig zu einer Freundschaft der Zivilgesellschaften entwickelt. Gerade als Deutsche muss für uns das Prinzip der Aussöhnung im Geist der Menschenrechte immer im Vordergrund stehen. Deshalb es jetzt mehr als angebracht, Solidarität mit all denen zu zeigen die gerade in Russland unter Gefahr für Leib und Leben demonstrieren. Auch und gerade weil Russland nach wie vor ein wichtiger Partner ist, mit dem wir im Dialog bleiben wollen und müssen.

Alexej Nawalny ist dem Tod nur knapp entronnen. Die Bilder, auf denen er nach dem Giftanschlag um sein Leben rang, gingen um die Welt. Und an der Stelle hat unser Staat Haltung gezeigt, ihn aufgenommen und in der Berliner Charité behandeln lassen. Das war ein starkes Signal. 

Dieses Signal scheint nun wirkungslos verpufft zu sein. In Russland gilt weiterhin: Nach dem Gift ist vor der Haft. Direkt nach seiner Ankunft am Moskauer Flughafen am 17. Januar wurde Nawalny erst verhaftet und dann kurz darauf zu jahrelanger Haft verurteilt. 

Das Urteil ist eine klare Missachtung des Europarats und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Nawalny ist leider kein Einzelfall. Regelmäßig kommt es zu Mordanschlägen auf Kritikerinnen und Kritiker des Regimes Putin. Kein einziger dieser Anschläge ist je aufgeklärt worden. 

Die Vorgänge in Russland sind ein Ausdruck von Schwäche, keinesfalls von Stärke. Putin verliert weiter an Rückhalt in der russischen Bevölkerung. Der Fall Nawally ist ein Katalysator, der die Menschen dazu bringt, ihren Unmut zum Ausdruck bringen, auch wenn die russischen Einsatzkräfte mit aller Macht versuchen, sie niederzuschlagen. Über 12.000 Demonstranten wurden in den letzten Wochen in Russland festgenommen, von massenhafter Folter ist die Rede. Das dürfte selbst in der Geschichte der Russischen Föderation einmalig sein, dass 12.000 Menschen festgenommen wurden, die nichts mehr als die Einhaltung der Menschenrechte und der geltenden Gesetze gefordert haben. 

Was geht uns das hier in in Nürnberg an? Viel, finde ich. Wir können als Bürgerinnen und Bürger in der Stadt der Menschenrechte hier frei sprechen und unsere Stimme erheben, die Bürger Russlands können es nur noch bedingt. 

Echte Freundschaft mit Russland heißt doch, dass wir uns für Menschenrechte, für die Zivilgesellschaft einsetzen, statt nur mit Autokraten zu kuscheln. Deshalb müssen wir an die Bundesregierung appellieren, Alexey Navalny und seine Unterstützerinnen und Unterstützer jetzt nicht hängen zu lassen, nachdem sie zunächst zu seiner Rettung beigetragen hat. 

Und in genau so einer zugespitzten Situation will sich die Bundesregierung mit Nord Stream 2 noch enger an das Putin-Regime binden und sich energiepolitisch abhängig machen. Wollen wir das wirklich? Unsere Antwort ist eindeutig: Nein! Es liegt einmal mehr an der deutschen Regierung, klare Kante zu zeigen. Wir fordern einen sofortigen Stopp der Bauarbeiten. Mehr noch: Das Projekt hätte nie realisiert werden dürfen, weil es ein korruptes Regime unterstützt. Deutschland kann nach diesem Giftanschlag nicht einfach zur Tagesordnung übergehen und an der Pipeline weiterbauen, die Erdgas durch die Ostsee von Russland nach Deutschland transportieren soll. 

Damit widerspricht die GroKo auch allen sonst so gerne postulierten Bekenntnissen zum Klimaschutz. Das Mammutprojekt steht ganz im Widerspruch zur Energiewende und den europäischen Klimazielen und droht, uns auf Jahrzehnte an klimaschädliche fossile Energieträger zu binden. 

Es ist komplett unverständlich, dass die Bundesregierung trotz der breiten Kritik zahlreicher europäischer Nachbarn und des EU-Parlaments weiter an Nord Stream 2 festhält. 

Die Gründung einer „Stiftung Klima- und Umweltschutz“ in Mecklenburg-Vorpommern zum Zwecke der Fertigstellung von Nord Stream 2 unterstreicht, dass es sich zudem keineswegs um ein rein unternehmerisches Projekt handelt. Dass mit russischen Geldern eine Stiftung unter dem Deckmantel des Klimaschutzes finanziert wird, die einzig und allein zur Fertigstellung der Pipeline dient, zeigt in welch fatale Verstrickungen man sich damit politisch begibt. 

Liebe Bundesregierung, wir brauchen keine Nord Stream 2, wir brauchen den Ausbau Erneuerbarer Energien! Die Bundesregierung weiß um den Charakter des Putin-Systems – sie muss daraus endlich Konsequenzen ziehen. Deshalb hatten wir Grüne auch erst am Mittwoch im Bundestag eine „Aktuelle Stunde“ beantragt, um Klarheit zu schaffen. 

Denn was dem Ganzen noch die Krone aufgesetzt hat, ist, dass Außenminister Scholz den USA auch noch bis zu einer Milliarde Euro Importförderung für ihr Flüssiggas geboten hatte, wenn die US-Regierung von Sanktionen gegen die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 abgesehen hätte. Am Dienstag hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ein entsprechendes Dokument veröffentlicht. 

Wir Grüne haben uns gefreut, als die SPD am vergangenen Wochenende den Kampf gegen die Klimakrise zum Schwerpunkt der kommenden vier Jahre erklärt hat. Stattdessen war Scholz noch vor wenigen Monaten bereit gewesen, der Regierung des früheren US-Präsidenten Donald Trump Milliarden Euro für dreckiges Fracking-Gas zu bezahlen. 

Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Die Bundesregierung wollte mit Steuergeld schmutziges Fracking-Gas aus den USA kaufen, um die klimaschädliche Pipeline des Autokraten Putin weiterzubauen. 

Dieses Projekt ist gleich auf so vielen Ebenen falsch, dass es ein mehr als lahmes Argument ist, nun zu sagen, die Pipeline wäre doch schon zu 95% fertig, nun müsse man sie auch realisieren. Die Pipeline ist klimapolitisch, geopolitisch und europapolitisch falsch. Deshalb muss sie gestoppt werden. 

Die Bundeskanzlerin stand am Krankenbett Nawalnys, nun muss sie ihm auch weiterhin glaubwürdig zur Seite stehen und die GroKo Farbe bekennen, wie sie denn wirklich zur Energiewende steht. Alles in allem brauchen wir deshalb nichts weniger, als eine grundsätzliche Neuausrichtung der Politik gegenüber Russland, um uns nicht in doppeltem Sinn erpressbar zu machen. 

Vielen Dank!