PLENARREDE vom 18.07.2023
Am letzten Plenartag vor der Sommerpause wurde noch ein Dringlichkeitsantrag „Exzellenzprinzip sichern: Benachteiligung Bayerns bei der Ansiedlung und Erweiterung von Forschungseinrichtungen verhindern“ der Regierungsfraktionen aufgerufen.
Verena Osgyan legte in ihrer Rede dar, dass in ihrem Antrag die CSU/FW-Fraktionen ein Konzept der Bundesregierung zur Ansiedlung von Forschungseinrichtungen grotesk missverstanden haben. Zwar spielen hier auch strukturpolitische Erwägungen eine Rolle, doch sind diese eben NICHT vorrangig. Dafür werde auf größtmögliche Transparenz und eine Evaluation der Maßnahmen geachtet. Besonders pikant: In Bayern hingegen wird seit Jahrzehnten mit der sog. „wissenschaftsgestützten Strukturpolitik“ verfahren, wie im Antrag kritisiert wird: Es werden Entscheidungen ALLEIN aus strukturpolitischen Gründen OHNE Einbeziehung fachlicher Kriterien getroffen, wie man u.a. an der Verlagerung des Staatsarchivs Würzburg nach Kitzingen sehen kann.
Die ganze Rede können Sie hier nachlesen (es gilt das gesprochene Wort):
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
der Dringlichkeitsantrag der Regierungsfraktionen will sich dafür einsetzen, dass Forschungseinrichtungen von Bund und Ländern an sinnvollen Standorten platziert werden. Und was soll ich sagen: das würde ich von der Staatsregierung auch ganz ohne Antrag erwarten. Aber liest man den vorliegenden Antrag nochmal genauer durch, dann merkt man doch recht schnell, dass es hier vor allem um Herumgejammer und substanzloses Ampelbashing geht.
Worum geht es eigentlich im kritisierten Konzept der Bundesregierung:
Es geht hauptsächlich um die Neuansiedlung und Erweiterung von Behörden und auch Ressortforschungseinrichtungen des Bundes. Dabei vor allem um Einrichtungen, deren Gründung explizit auf strukturpolitischen Erwägungen beruht.
Und ganz ehrlich: Die Ansiedlung eines Forschungsinstituts zur Transformation von Kohlerevieren zum Beispiel nach Oberbayern? Das wäre sogar für Verhältnisse dieser Staatsregierung ein Schildbürgerstreich.Dass der Bund Institute, für die er die alleinige Verantwortung trägt, auch dort ansiedeln kann, wo er will, ist unstrittig. Die Bayerische Staatsregierung will sich schließlich auch nicht reinreden lassen, wo sie die nächste Technische Universität hinstellt.
Wichtig ist: Die Einrichtungen, die der Finanzierung durch die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz unterliegen, sind hier nur bedingt angesprochen. Exzellenz ist hier weiterhin der ausschlaggebende Faktor.Ein genaues Lesen des Konzeptes hätte hier schon weitergeholfen. Um es noch einmal zu betonen: Ja, strukturpolitische Erwägungen spielenim Konzept eine Rolle, aber sie sind nicht vorrangig.
Vor allem soll es Beratungsangebote geben, eine Clearingstelle und dieStandortentscheidungen werden dokumentiert. Es geht nicht darum, dass die Bundesinnenministerin künftig Forschungseinrichtungen am grünen Tisch platziert.
In Bayern dagegen ist in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten im Rahmen der sogenannten „wissenschaftsgestützten Strukturpolitik“ – der Name sagt schon alles – überwiegend genau so verfahren worden, wie es in dem vorliegenden Antrag kritisiert wird – Entscheidungen allein aus strukturpolitischen Gründen OHNE die Einbeziehung fachlicher Kriterien.Denken wir nur an den Umzug des Staatsarchivs von Würzburg nachKitzingen, das allen wissenschaftlichen Einschätzungen zum Trotz durchgeboxt wurde.
Die Vorstellung, dass das neidische Berlin uns mit unlauteren MittelnForschungsinstitute vorenthält und sie mit Fleiß nicht nach München vergibt, sondern lieber nach Dülmen oder Neubrandenburg, ist eineböswillige Fehlinterpretation des Konzepts. Man sollte eben nicht von der eigenen Art, Politik zu betreiben, auf andere schließen.
Vielmehr schafft das Konzept der Bundesregierung, anders als bisherige Ansätze in Bayern, eine tatsächliche Grundlage, um strukturpolitische Erwägungen in Standortprozesse einzubeziehen. Aber eben nicht auf Kosten der fachlichen Notwendigkeiten, wie CSU und Freie Wähler hier fälschlich behaupten. Dass das Konzept viele Punkte beinhaltet, die auch strukturschwächeren Gegenden in Bayern – zwischen Wunsiedel und dem Bayerischen Wald – etwas bringen können, das wird fleißig unter den Tisch gekehrt. Das Ampel-Bashing scheint wichtiger als anständige Politik für die Regionen in Bayern.
Zudem: Wenn man sich schon um die Forschung in Bayern sorgt, dann sollte man sich auch die Zeit dafür nehmen. Wirtschaftsminister Aiwanger hat die letzten Jahre im Senat der Max-Planck-Gesellschaft komplett mit Abwesenheit geglänzt. Dabei wäre das genau der Ort gewesen, an dem Standortentscheidungen für Bayern passieren können. Mehr jedenfalls alsdurch irgendwelche Schaufensteranträge hier im Landtag. Aber natürlich geht das nur, wenn man auch da ist.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns auf den Boden der Tatsachen kommen und uns gemeinsam dafür einsetzen, dass Bayern eine wichtige Rolle in der bundesweiten Forschungspolitik einnimmt. Dieser Antrag ist dafür jedenfalls nicht dienlich, außer man will bewusst verbrannte Erde hinterlassen. Deshalb stimmen wir dem selbstverständlich nicht zu!