Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der Schmausenbuckstraße

SCHRIFTLICHE ANFRAGEN

Skandalöse Vorkommnisse in Nürnberger Frauenunterkunft werfen Schlaglicht auf die mangelhafte Umsetzung von Gewaltschutzkonzepten

Am 19. Februar 2024 traf das Landgericht Nürnberg-Fürth ein Urteil über einen Securitymitarbeiter, der von 2018 bis 2022 in der Unterkunft für geflüchtete Frauen in der Schmausenbuckstraße zwei Frauen in mindestens 67 Fällen vergewaltigt und mindestens eine weitere Frau sexuell belästigt hat. Im Verfahren vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth wurden diese Straftaten dem Angeklagten nachgewiesen, woraufhin er zu zehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde.

Aufgrund der medialen Berichterstattung um den Prozess haben die Landtagsabgeordneten Verena Osgyan, Gülseren Demirel und Dr. Sabine Weigand zwei schriftliche Anfragen an die Staatsregierung gestellt, was der Staatsregierung zu diesen Vorfällen sexualisierter Gewalt in einer staatlich verantworteten Unterkunft bekannt war, und welche Konsequenzen daraus gezogen wurden.

Mit Hinblick darauf, dass die Staatsregierung nach ihrer Auskunft erst reichlich spät Kenntnis erhalten zu haben scheint von den genannten Vorfällen, und sich dann auch noch monatelang Zeit gelassen zu haben, um zu handeln, konstatiert Verena Osgyan:

„Bei so schwerwiegenden Taten, wie sie dem Mitarbeiter der Securityfirma angelastet werden, darf man das nicht hinnehmen. Bereits vor Mai 2022 waren laut den Antworten auf meine gemeinsame Anfrage mit Gülseren Demirel und Dr. Sabine Weigand die Vorwürfe der Vergewaltigung der Unterkunftsleitung und mehreren anderen Organisationen bekannt, aber erst im Dezember 2022 hat man angeblich die zuständige Gewaltschutzkoordinatorin bei der Regierung von Mittelfranken über die Vorkommnisse benachrichtigt. Die Tatsache, dass Schutzsuchende in unseren Unterkünften vor sexuellen Übergriffen nicht sicher sind, ist an sich schon ein Skandal. Es macht aber alles noch schlimmer, wenn innerhalb der entsprechenden Strukturen Informationen über solche Vorfälle den eigens eingerichteten Stellen offenbar erst mit solcher Verspätung zugeleitet werden.“

Kritik an Lage und Betreuung der Unterkunft gab es aber schon weit früher. „Der Staatsregierung und der Regierung von Mittelfranken wurden bereits vor der Umgestaltung der Einrichtung in eine reine Frauenunterkunft im Jahre 2015 von Seiten der Stadt als auch von Beratungsstellen, Initiativen und Organisationen, die sich mit der Situation der Frauen vor Ort am besten auskennen, mehrmals mitgeteilt, dass diese Unterkunft aufgrund ihrer abgelegenen Lage für Frauen mit Kindern untragbar ist. Die Staatsregierung und die Regierung Mittelfranken wussten es aber besser und haben jegliche Einwände missachtet. Auch der mehrfachen Forderung, in einer Frauenunterkunft nur weibliche Securities einzusetzen, wurde offenbar jahrelang nicht nachgekommen. Nur aufgrund des enormen öffentlichen Drucks hin, sollte das „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ veranlasst werden“ so Verena Osgyan.

Sie findet den Umgang mit schutzsuchenden Frauen in Bayern untragbar:“Müssen Frauen erst vergewaltigt werden und darüber ein Gerichtsverfahren und die entsprechende mediale Berichterstattung erfolgen, bis ihre Situation von den zuständigen Stellen ernst genommen wird? Was ist ein Gewaltschutzkonzept wert, wenn es offenbar nur auf dem Papier besteht? Es ist ja nicht so, dass die ganze Thematik neu wäre. Der Landtag hatte sich bereits mehrfach mit dem Schutz von weiblichen Geflüchteten beschäftigt, zuletzt in einer Expertenanhörung zum Schutz von Geflüchteten in Bayerischen Flüchtlingsunterkünften am 24. November 2022.“

Die Antworten der Staatsregierung auf die schriftlichen Anfragen finden Sie HIER und HIER .

Die darauf folgende Berichterstattung zu den schriftlichen Anfragen in der Nürnberger Nachrichten vom 21.02.2024 ist HIER online nachzulesen.