Plenarrede vom 27. Februar 2025
Die prekären Arbeitsbedingungen studentischer Beschäftigter im nicht-wissenschaftlichen Bereich an bayerischen Hochschulen sind seit Jahren bekannt und vielerorts nach wie vor ein akutes Problem. Die SPD stellte daher einen Antrag (Drs. 19/4120, 19/4688 (A). Die Staatsregierung wird darin aufgefordert, das hochschulpolitische Ziel, gute Arbeitsbedingungen für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an allen bayerischen Universitäten und Hochschulen zu schaffen, auch für studentische Beschäftigte umzusetzen und einen eigenständigen studentischen Tarifvertrag für Bayern (TV-Stud) zu verhandeln. Die Hochschulen müssen für die angemessene Bezahlung der Studierenden finanziell ausgestattet werden.
Verena Osgyan betont in ihrer Plenarrede, dass es absolut lobenswert sei, dass die SPD hier Handlungsbedarf sehe. Sie setzt sich schon lange für die Rechte von studentischen Hilfskräften ein. Der Anrag der SPD habe allerdings Unstimmigkeiten. Richtig wäre es, die Einführung eines TV-Stud zu fordern, der für studentische Hilfskräfte im wissenschaftlichen Tätigkeitsbereich gelte. Für sie gibt es bisher nämlich keine Tarifregelungen. Sie sind aus dem TV-L bis dato explizit ausgeschlossen. Darum gehe der Antrag nicht weit genug.
Die ganze Rede in schriftlicher Form ist hier zu finden (es gilt das gesprochene Wort):
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
gute Arbeitsbedingungen für studentische Beschäftigte sind ein wichtiges Thema, für das wir Grüne uns auch schon seit geraumer Zeit einsetzen. Erst Ende 2023 hatten wir dazu hier im Landtag einen Antrag eingebracht, der die Einführung eines Tarifvertrags für wissenschaftliche studentische Beschäftigte (TV-Stud) gefordert hatte nach dem Vorbild von Berlin. Dieser Antrag wurde damals leider von der Landtagsmehrheit abgelehnt.
Heute haben wir hier einen Antrag der SPD-Fraktion zur Beratung im Plenum, der eine im Grundsatz ähnliche Zielrichtung verfolgt, allerdings unserer Ansicht nach in Teilen auf einer falschen Grundannahme basiert. Anlass zu diesem Antrag waren vermutlich aktuelle Ereignisse an der Universität Passau, die dort seit über einem Jahr für einigen Aufruhr sorgten. Hier wurden studentische Hilfskräfte, die im nicht-wissenschaftlichen Bereich beschäftigt waren, über lange Zeit hinweg nur nach Mindestlohn bezahlt und später dann in Anerkennung einer schuldrechtlichen Vereinbarung, aber eben erneut nicht nach TV-L, wie es eigentlich rechtlich vorgesehen ist.
In Folge dessen wurden Geltendmachungen von Studierenden zunächst abgelehnt, und mindestens ein Studierender hat daraufhin den Rechtsweg bestritten. Zwischenzeitlich hat auch das Ministerium auf mehrere Anfragen hin deutlich gemacht, dass es die Auffassung teilt, dass die Uni Passau in diesen Fällen rechtswidrige Beschäftigungsverhältnisse abgeschlossen hatte. Die Universität Passau hat dies mittlerweile auch anerkannt. Der ganze Vorgang war höchst bedauerlich, denn gerade an staatlichen Einrichtungen sollten die Arbeitsbedingungen so sein, dass geräuschlos bei gegenseitiger Wertschätzung gearbeitet werden kann und der Weg an die Öffentlichkeit und das Beschreiten des Rechtswegs nur das allerletzte Mittel darstellen.
Hier scheint nun endlich eine Lösung gefunden worden zu sein: Die entsprechenden Beschäftigungsverhältnisse sollen auf reguläre Stellen überführt und nach TV-L bezahlt werden. Das Ganze hat sich allerdings über Monate hingezogen und ist noch lange nicht in die Praxis umgesetzt. Auf jeden Fall werden wir den Prozess weiterhin genau beobachten, sodass studentische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht übervorteilt werden – weder in Passau noch anderswo.
Blicken wir nun auf den Dringlichkeitsantrag der SPD, dann wird darin folgendes gefordert: Die Einführung eines TV-Stud für studentische Beschäftigte in nicht-wissenschaftlichen Tätigkeitsfeldern wie IT, Verwaltung, Bibliothekswesen sowie die Eingruppierung von nicht-wissenschaftlich tätigen studentischen Hilfskräften in den TV-L sowie die „Vermeidung von tariflichen Grauzonen“ durch klare Regelung der Arbeitsverhältnisse und abschließend attraktive Arbeitsbedingungen für studentische Beschäftigte zur Sicherstellung von Fachkräften.
Während die Vermeidung von „tariflichen Grauzonen“ sicherlich immer irgendwie sinnvoll ist, widersprechen sich die ersten beiden Forderungen schlichtweg. Es wird für die gleiche Personengruppe, nämlich nicht-wissenschaftliche studentische Hilfskräfte, gleichzeitig ein TV-Stud, aber auch eine Einbeziehung in den TV-L nach Tarifgruppe EG 2 gefordert.
Das sind nun nicht nur zwei verschiedene Dinge auf einmal, die sich schlicht widersprechen, sondern berühren einen Sachverhalt, der bereits hinreichend geregelt ist. Denn studentische Hilfskräfte im nicht-wissenschaftlichen Tätigkeitsbereich sind schon jetzt nach TV-L zu vergüten. Das ist gängige Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts. Diese Rechtstatsache müsste lediglich umgesetzt werden. Wir haben es hier also mit einem Umsetzungsproblem und keinem Regelungsproblem zu tun. Hinzu kommt, dass eine grundsätzliche Eingruppierung in die niedrige Tarifgruppe EG 2 der Systematik des TV-L widerspricht, der eine Ausdifferenzierung nach der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit vorsieht.
Richtig hingegen wäre es, folgendes zu fordern: Die Einführung eines TV-Stud, der für studentische Hilfskräfte im wissenschaftlichen Tätigkeitsbereich gilt. Für sie gibt es bisher nämlich keine Tarifregelungen. Sie sind aus dem TV-L bis dato explizit ausgeschlossen.
Von den Inkonsistenzen und den Unschlüssigkeiten abgesehen: Dass die SPD hier Handlungsbedarf sieht, ist lobenswert. Der Antrag in dieser Form bleibt aber leider nicht zustimmungsfähig.
Um das Gesagte abschließend zusammenfassen: Gute Arbeitsbedingungen für studentische Beschäftigte sind weiterhin ein wichtiges Thema. Im Fall Passau scheint zwar das Umsetzungsproblem behoben zu sein. Aber bei den wissenschaftlich tätigen studentischen Hilfskräften herrscht in Bayern weiterhin Regelungsbedarf, um wirkliche gute Arbeitsbedinungen herzustellen. Die brauchen wir, wollen wir wirklich die besten Studierenden als Hilfskräfte an den Hochschulen haben und nicht eine Vorab-Selektion nach dem Geldbeutel der Eltern vornehmen, weil man noch Geld zur Arbeit mitbringen muss, um sich den Job an der Uni leisten zu können.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!