Die Wissenschaftspolitik der Staatsregierung ist Spitze – u.A. beim Sanierungsstau!

PLENARREDE

Vom 4. bis zum 6. Juni 2024 fanden im Landtag die abschließenden Beratungen zum Doppelhaushalt 2024/2025 statt. Bayern hat seinen Haushalt damit als letztes aller Bundesländer beschlossen. In ihrer Plenarrede zur Einbringung des Einzelplans 15 „Wissenschaft und Kunst“ machte Verena Osgyan klar, dass Investitionen in Wissenschaft und Forschung für unseren Standort und für die Bewältigung der vor uns liegenden gesellschaftlichen Herausforderungen unverzichtbar sind. Dennoch mussten wir als Grüne deutliche Kritik an den Schwerpunktsetzungen der Staatsregierung anbringen.

Spitze ist Bayern neben Sanierungsstau schließlich zudem noch bei der ChancenUNgleichheit, mangelnden Karriereperspektiven und der Neigung der Staatsregierung, Symbolpolitik und High-Tech-Phantasien über konkrete Lösungsansätze zu stellen.

Hier geht es zu Verenas Rede im Volltext (es gilt das gesprochene Wort).

Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

wie erwartbar haben wir heute wieder massenhaft Superlative gehört. Und wir brauchen tatsächlich mehr denn je Investitionen in Wissenschaft und Forschung  in Zeiten multipler Krisen: Krieg vor unserer Haustür, Demokratie in Gefahr, Klimakrise – Wie sehr gerade letztere voranschreitet, sieht man an der aktuellen Hochwassersituation.

Und damit wir uns nicht falsch verstehen: Wissenschaft in Bayern hat tatsächlich Spitzenniveau. Allein, das ist der Verdienst der Forschenden und Lehrenden und nicht der der Staatsregierung. Von den negativen Superlativen, bei denen wirklich der Schuh drückt, ist nämlich wie immer nicht die Rede:

Da ist der milliardenschwere Sanierungsstau an den Hochschulen. Bibliotheken, in die es hineinregnet; Büros, in denen den Beschäftigten die Decke auf den Kopf fällt; zugige Hörsäle. Ist das Wissenschaft auf Spitzenniveau á la Bayern?

Dazu das Ausbleiben jeglichen Fortschritts bei der Klimaneutralität. 15 Milliarden Euro – das ist die Zahl der Universität Bayern – würden sie hier brauchen; wir sehen davon bisher noch gar nichts. Dabei sind die Hochschulen zwei Drittel des staatlichen Gebäudebestands. Wenn diese Staatsregierung es ernst mit dem Klimaschutz meinen würde, dann müsste das eine der ersten Baustellen sein!

Und auch was BildungsUNgerechtigkeit betrifft, ist Bayern Spitze. Kinder aus Akademikerhaushalten haben eine zehnmal höhere Chance auf ein erfolgreiches Masterstudium im Vergleich mit Arbeiterkindern oder First-in-Family-Studierenden. Für die Promotion wächst das Verhältnis auf 1 zu 100. Das kommt auch, weil die Staatsregierung das Thema soziale Flankierung in den vergangenen Jahrzehnten eklatant vernachlässigt hat und sich bis heute aus der Verantwortung zieht, dauerhafte Karriereperspektiven für den akademischen Mittelbau zu schaffen.

Das vertreibt viele der Besten aus dem System und lässt sie anderswo nach verlässlichen Jobperspektiven suchen. Und diese Stellen zu schaffen, das ist Länderkompetenz.

Was wir stattdessen sehen, ist eher Politiksimulation denn das Angehen realer Herausforderungen. Ich komme mir vor wie ein einem schlechten Film, wenn diese Staatsregierung auf einmal über Wochen das Gendern als größtes Problem der bayerischen Universitäten ausmacht.

Oder wenn man wie aktuell beim Bundeswehrgesetz in Gesetzgebungskompetenzen eingreift, die eigentlich beim Bund liegen. Und damit ein Gesetz bastelt, das bestenfalls unnötig ist und schlimmstenfalls verfassungswidrig. Sie können es sich aussuchen.

Oder ihr Lieblingsthema Kernfusion: Aus Sicht der Grundlagenforschung ein interessantes Thema. Für die Anwendung leider derzeit völlig bedeutungslos. Es grenzt an billige Science Fiction, dies allen Ernstes als Beitrag für die Energiewende verkaufen zu wollen. Auch wenn ich Star Trek für eine solide Serienauswahl halte – eine seriöse Grundlage für unsere Wissenschaftspolitik bildet so etwas nicht!

Anstatt sich bevorzugt in der Simulation von Politik zu üben, rufe ich die Staatsregierung auf, sich endlich einmal mit den realen Nöten unserer Hochschulen zu beschäftigen. Während Sie die Hightech-Agenda über den grünen Klee loben, verschweigen sie einfach, dass sie 380 Millionen Euro aus diesem Topf einfach wieder eingezogen haben. Völlig ohne irgendwelches Verständnis dafür, dass diese Gelder für langfristige Ausgaben fest eingeplant waren und auch dringend nötig sind – etwa für die Einhaltung von Berufungszusagen oder für die Anschaffung großer Laborgerätschaften. Völlig ohne Verständnis dafür, wie der Haushalt einer Hochschule funktioniert.

Das ist ein Armutszeugnis für die bayerische Wissenschaftspolitik und ich erwarte mir hier umgehend eine Lösung.

Was ich aber versprechen kann: wir werden weiter den Finger in die Wunde legen, solange die bayerische Wissenschaftspolitik ihre Hausaufgaben nicht macht. Vielen Dank!