Studentisches Wohnen besser fördern!

SCHRIFTLICHE ANFRAGE/ PLENARREDE

Die Studierendenzahlen in Bayern steigen Jahr für Jahr – das Angebot an geförderten Wohnheimplätzen hält damit bei Weitem nicht Schritt, und die Mietpreise in Bayerns Hochschulstandorten explodieren. Dass Bayern hier jahrelang geschlafen hat und sich das Problem dadurch sukzessive vergrößert hat, ergeben die Zahlen aus Verena Osgyans schriftlicher Anfrage zum Start des Wintersemesters 2015/2016. Sie forderte daher in der Plenardebatte vom 30. September 2015 die Staatsregierung auf, endlich ihrem eigenen Anspruch gerecht zu werden und „Bayernweit beste Voraussetzungen für ein erfolgreiches Studium zu schaffen“.

Hier Verenas Rede dazu im Volltext:

Verehrter Präsident,

verehrte Kolleginnen und Kollegen,

passend zum Studienbeginn lesen wir heute und morgen wie alle Jahre zum Semesterbeginn Schlagzeilen wie:

Der Spiegel titelt:  WG-Suche: Studenten finden keine Wohnung

Die Zeit schreibt: Studenten: Ich will doch nur wohnen

Und die FAZ: Wohnraum dringend gesucht – In Frankfurt werden dringend preiswerte Wohnungen für Studenten gesucht

Wir können das endlos fortsetzen, Sie kennen das. Das Problem besteht in ganz Deutschland, aber gerade in Bayerns Hochschulstandorten verschärft es sich Jahr für Jahr.

Wir müssen uns endlich dran machen, hier eine Lösung zu finden!

Vor allem, wenn wir Bayern als attraktiven Bildungsstandort dauerhaft in der globalen Bildungslandschaft etablieren möchten.

Erst am Freitag habe ich auf meine Anfrage hin die aktuellen Zahlen bekommen, die belegen, dass Bayern seit Jahren viel zu wenig macht, um die Wohnungssituation der Studierenden substanziell zu verbessern.

Es gibt seit 2001 150.000 Studierende mehr in Bayern. Das ist grundsätzlich positiv.

Und jetzt raten Sie mal, wie viele Wohnheimplätze Sie im gleichen Zeitraum geschaffen haben! Sage und schreibe 5295 Wohnheimplätze.

Das ist ein Armutszeugnis!

Gerade an den großen Hochschulstandorten wie München, Regensburg, Erlangen-Nürnberg, aber auch in Bamberg oder Bayreuth  sind die Mieten explodiert. Und zwar um mehr als 30% in den letzten 5 Jahren.

In München ist selbst ein mickriges WG-Zimmer nicht unter 500,-Euro zu haben. Dabei verfügen die Studierenden über durchschnittlich 864 € im Monat. Das muss ich Ihnen jetzt nicht vorrechnen, wie viel dann zum Leben übrig bleibt….

Aber gerade an diesen Standorten wo der Markt eh schon nichts mehr hergibt sieht es besonders schlecht aus. Ein Beispiel:

Man könnte ja meinen, dass der Innenminister wenigstens seine Heimatstadt Erlangen mit ausreichend neuem Wohnraum beglückt, aber nein, weit gefehlt:

Die Uni Erlangen-Nürnberg hatte im Jahr 2001 19.595 Immatrikulierte. Zum Wintersemester 2014 waren es 38.353.

Das ist eine Verdoppelung, die FAU ist mittlerweile die zweitgrößte Uni im Land. Die Wohnheimplätze in Erlangen sind aber im Vergleichszeitraum sogar gesunken.

Hatte im Jahr 2001 noch jede/r fünfte Studi die Chance auf einen Wohnheimplatz in Erlangen, bekommt heute gerade mal noch jeder bzw. jede elfte einen Platz in einem Studentenwohnheim. Damit ist Erlangen jetzt exakt auf dem schlechten bayernweiten Schnitt.

Ein zweites Beispiel: Von den 37,5 Millionen Euro an verbauten Geldern flossen im vergangenen Jahr ganze 191.200 Euro nach Regensburg. Das ist ein Witz für eine Stadt in der immerhin mehr als 20.000 junge Menschen studieren.

Also, Ihre Zahlen sprechen Bände….

Ja, die Haushaltsmittel wurde in den vergangenen Jahren immer wieder mal erhöht, aber sie halten mit dem Bedarf nicht Schritt.

Und immer wenn zwischenzeitlich irgendwo ein Sparpotenzial gesucht wurde, ging es meist zu Lasten der Studierenden.

Da wurde mal kurzerhand im Jahr 2008 die Förderung um 20 Millionen gekürzt. Im Jahr 2015 waren wir beim Stand von 2007 und im kommenden Haushalt wird auch wieder gekürzt gegenüber dem Vorjahr.

Das verstehe wer will….

Dazu kommt ein Sanierungsstau, der uns haushalterisch noch überrollen wird und zum Thema Barrierefreiheit brauch ich jetzt nichts zu sagen, denn die gibt es im Hochschulbereich quasi nicht.

Leider müssen wir feststellen, dass der Großteil der Zuschüsse noch nicht mal an die Studierendenwerke gehen, dort werden die Mittel sogar kontinuierlich zurückgefahren.

Gerade die Studierendenwerke, die Garanten für eine Chancengerechtigkeit an den Hochschulen sind, und die ohnehin nur rund 9% ihres Haushalts mit öffentlichen Geldern bestreiten, lassen Sie im Regen stehen.

Wir haben dazu wiederholt Haushaltsanträge gestellt dies zu ändern, Sie haben Sie alle abgelehnt, aber ich hoffe, dass Sie sich diesmal angesichts der Zahlen aus dem eigenen Haus eines besseren besinnen.

Und auch im Europäischen Vergleich stehen wir schlecht da. Ganz schlecht. Die Hälfte der Studierenden in Bayern wohnt bei Ihren Eltern. Das ist gut, wenn es aus familärer Bindung geschieht, aber nicht weil eigener Wohnraum nicht zu finanzieren ist. Viele opfern ihren Studienwunsch, da sie schlichtweg keine Unterkunft am Wunschort finden.

In Finnland – Sie wissen schon, Pisa-Sieger – können 32% aller Studierenden ein öffentlich gefördertes Studentenappartement beziehen, bei uns sind es gerade 11%. Vom angelsächsischen Raum wo Campus-Unis selbstverständlich sind, ganz zu schweigen.

Stattdessen klafft die soziale Schere auch im Hochschulbereich immer weiter auseinander. Es kann doch nicht sein, dass wir 2015 noch immer darüber diskutieren müssen, dass junge Menschen nicht studieren können, weil sie oder ihre Eltern es sich nicht leisten können.

Auf der Homepage des Ministeriums ist zu lesen:

Bayernweit beste Voraussetzungen für ein erfolgreiches Studium zu schaffen, ist ein Kernziel des Wissenschaftsministeriums.

Dann tun Sie das endlich mal!

Verehrte Kolleginnen und Kollegen,

wenn wir wollen, dass es allen jungen Menschen, die die Befähigung zum Studieren haben auch möglich gemacht werden soll, muss kostengünstiger Wohnraum geschaffen werden.

Und sicher brauchen wir jetzt auch keine Verteilungsdebatte auf der untersten Ebene.

Exzellente Leistungen können wir nur erwarten, wenn wir die Bedingungen dazu schaffen. Und dazu gehört nun mal auch, dass man irgendwo wohnen und lernen kann, unabhängig davon dass die Eltern eine Mietbürgschaft unterschreiben.

Der Antrag der SPD, die Wohnheimquote auf 15% hochzusetzen wie wir es bereits im Jahr 2001 schon einmal hatten ist deshalb nur recht und billig, ich finde die Forderung sogar eher bescheiden. Daher stimmen wir dem Antrag zu und bitten Sie, das auch zu tun. Auch den Antrag der Freien Wähler unterstützen wir. Dem Antrag der CSU stimmen wir nicht zu, denn er lautet einfach „weiter so“ und das reicht bei Weitem nicht aus.

Vielen Dank!
Die  Antwort der Staatsregierung auf Verenas schriftliche Anfrage mit den dazugehörigen Tabellen finden Sie hier zum Download:

Schriftliche Anfrage mit Zahlen zu geförderten Wohnheimplätzen und Osgyan-849 I_ANL (Entwicklung der Studierendenzahlen in Bayern)

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