Qualität statt Quantität in den Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen und des privaten Rundfunks in Bayern

PARTEITAGSREDE

Wir Grünen fordern seit langem die paritätische Besetzung von Aufsichtsgremien – seien es Aufsichtsräte in der Privatwirtschaft oder öffentliche Kontrollgremien. Denn die Erfahrungen zeigen: Nur wo Frauen angemessen vertreten sind, wird ihre Lebenswirklichkeit auch in die Entscheidungsprozesse einbezogen. Auf der Landesdelegiertenkonferenz am 21. November 2014 haben sich die Delegierten deshalb mit überwältigender Mehrheit entschieden einen Gesetzesentwurf zu fordern, um Rundfunk- und Medienräte künftig quotiert zu besetzen und eine zeitgemäßere Repräsentanz aller gesellschaftlichen Gruppen zu bilden.

Hier die Verena Osgyans Rede dazu  im Wortlaut:

Liebe Freundinnen und Freunde, unser Antrag „Qualität statt Quantität in den Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen und des privaten Rundfunks in Bayern“ beschäftigt sich mit einem Thema, das eigentlich längst kein Thema mehr sein dürfte, Nämlich der Tatsache, dass die Aufsichtsgremien der größten Medienunternehmen Bayerns die gesellschaftliche Zusammensetzung immer noch nicht widerspiegeln.

Der Rundfunkrat, der den Bayerischen Rundfunk kontrolliert und die Programmqualität beobachtet und der Medienrat, der für Privatrundfunk- und Fernsehen zuständig ist, haben immer noch einen viel zu geringen Frauenanteil. Als eure neue Grüne Rundfunkrätin in der 17. Legislaturperiode komme ich in eine Runde, in der bisher 35 Männer, aber nur 12 Frauen sitzen. Ich glaube nicht, dass es bei einem solch eklatanten Missverhältnis möglich, ein Programm zu garantieren in dem die Gleichstellung der Geschlechter und die Abwehr von medienspezifischem Sexismus wirklich selbstverständlich ist. Mit mir wird jetzt eine Frau mehr vertreten sein, aber wie Theresa sagen würde, das macht das Kraut auch nicht fett.

Ganz banal geht es aber auch darum, die Lebenswirklichkeiten beider Geschlechter angemessen widerzuspiegeln. In einer Zeit, in der die EU kurz vor der Verabschiedung einer Frauenquote für die Aufsichtsräte von Privatunternehmen steht ist das für einen öffentlich-rechtliches Aufsichtsgremium doppelt anachronistisch!

Das ist es aber nicht allein, viele gesellschaftliche Gruppen bedeutenden Anliegen wie zum Beispiel Menschen mit Behinderungen, Schwule, Lesben und Transgender, Eine-Welt-Initiativen, Verbände der freien Wohlfahrtspflege, oder Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sind bisher noch gar nicht vertreten. Der Bauernverband, der nur drei Prozent der Bevölkerung repräsentiert, stellt dafür sogar zwei Mitglieder. Das spiegelt vielleicht die Realität von 1950 wieder, aber nicht die von heute.

Viele Mitglieder des Rundfunk oder Medienrats haben außerdem ein politisches Mandat, sind aber auf dem Ticket eines anderen Verbands entsendet was den Anteil der Politikerinnen und Politiker extrem erhöht und die Zusammensetzung verzerrt. So sitzt Anni Fries z.B. für den Bayerischen Bayernverband im Rundfunkrat, gleichzeitig ist sie aber Kreistagsmitglied der CSU in Augsburg. Wir möchten keineswegs verhindern, dass politische Parteien vertreten sind, aber wir künftig mehr Transparenz garantieren und solche Doppelfunktionen abschaffen. Aus Gründen der Staatsferne sollen Mitglieder der Staatsregierung in Zukunft ebenfalls nicht mehr dem Rundfunkrat angehören dürfen.

Wir fordern in unserem Antrag daher eine neue Zusammensetzung der Gremien, bei der 50% Frauenquote eingehalten wird und die Zusammensetzung der Verbände neu eingeteilt wird. Anstatt jetzt einfach zusätzlich Vertreterinnen und Vertreter mit hineinzunehmen und damit die Gremien und die damit verbundenen Kosten aufzublähen, muss die Zusammensetzung komplett neu gedacht wird.

Ich bitte um Eure Zustimmung für den Antrag , denn auch wenn das Thema vielleicht auf den ersten Blick sehr speziell scheint, sind gute Medien unsere Demokratie und für die Vermittlung von Politik unverzichtbar – und deshalb möchten wir sie auch bestmöglich beaufsichtigt wissen – im Sinne aller und nicht einiger Lobbygruppen! An der Stelle Danke an Thomas Pfeiffer und Ilga Fink vom Landesarbeitskreis Medien und Netzpolitik, die den Antrag maßgeblich mit auf den Weg gebracht haben!