Equal Pension Day – Alterarmut von Frauen in den Blick nehmen!

AKTIONSTAG

Frauen bekommen im Alter rund 60 Prozent weniger Renten und Pensionsleistungen als Männer. Ein Missstand, über den kaum informiert und gegen den kaum vorgegangen wird. Aus diesem Grund wurde der „Equal Pension Day“ am 4. August ins Leben gerufen.

Verena Osgyan, frauenpolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion, hat dazu auf einer Diskussionsveranstaltung auf Einladung des Verbands berufstätiger Mütter e.V. im Nürnberger Cinecitta Stellung genommen.

Der Gender Pay Gap ist mittlerweile bekannt – auch wenn es immer noch ein Skandal ist, dass Frauen in Bayern im Schnitt 24% weniger verdienen als Männer, so findet hier zumindest allmählich ein Bewusstseinswandel statt.

Das sich finanziellen Auswirkungen der Gender Pay Gap und besonders die von stereotypischen Geschlechterrollen geprägten Lebensentscheideungn dann bis zum Renteneintritt noch weiter aufsummieren, wissen jedoch die wenigsten. Da Rentnerinnen und Pensionärinnen  in ihrem Berufsleben meist deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen verdient haben, sowie häufig durch die traditionelle Rollenteilung als Hausfrauen und Mütter wesentlich mehr Auszeiten vorweisen und jahrelang unbezahlte Arbeit Zuhause geleistet haben, bekommen sie schliesslich nicht einmal die Hälfte der Altersbezüge, die ihren männlichen Altersgenossen zu Teil werden. Hier wird deutlich, dass trotz aller vollmundiger Bekenntnisse zur Lebensleistungsrente Erziehungsarbeit in unserem politischen System in der Regel immer noch geardewegs in die Altersarmut führt,

Um diesen katastrophalen Zuständen entgegen zu wirken, ist es zum einen wichtig, endlich gegen die Gender Pay Gap vorzugehen, damit Frauen sowohl auf dem gleichen Niveau wie Männer von ihrer Arbeit leben können, als auch Vorsorgemöglichkeiten für die Zukunft haben.

Zudem müssen, wie wir Grünen es schon lange fordern, falsche gesetzliche Anreizsysteme abgebaut werden, die dazu führen, dass Frauen in einer Ehe weil es sich vermeintlich „nicht lohnt“ weniger und schlechter bezahlter Arbeit nachgehen oder als Mutter völlig aus dem Erwerbsleben ausstiegen. Stattdessen brauchen wir zum einen wirklich passgenaue Unterstützung für Familien, zum anderen muss der Staat mehr in die Kinderbetreuung investieren, um allen Eltern und besonders Alleinerziehenden die Möglichkeit zu geben, einen Beruf auszuüben.

Wir brauchen eine Arbeitszeitkultur, die es Müttern UND Vätern ermöglicht, Familie und Karriere unter einen Hut zu bringen ohne Abstriche machen zu müssen. Wenn nach wie vorberufstätige Väter höchstens zwei Elternmonate nehmen, die Frauen jedoch zwölf Monate zu Hause bleiben und dann anschliessend jahrelang überwiegend  in wenig verantwortungsvollen Teilzeitjobs verharren, während Männer nach der Geburt des ersten Kindes statistisch gesehen sogar mehr arbeiten als zuvor, zeigt sich, dass wir von gleichberechtigter Aufteilung der Familien- und Erwerbsarbeit noch meilenweit entfernt sind.

Das stereotype Familienmodell der Ernährerehe aus den 1950er Jahren ist schon lange nicht mehr aktuell und vor allem nicht praktikabel. Die Frau am Herd und der Mann auf der Arbeit gilt in weiten Teilen unserer Gesellschaft zum Glück und zu recht als veraltet, gerade junge Menschen wünschen sich nach übereinstimmenden Befunden vieler Studien, dass Männer und Frauen Beruf und Familie gleichermaßen verbinden können .Das Modell der kleinen Vollzeit, bei dem sowohl Familienmütter als auch Väter in einem Arbeitszeitkorridor von um die 30 Stunden arbeiten und genug Zeit für Kinder, Ehrenamt, oder Pflege von Angehörigen finden, wird dabei von dem meisten favorisiert.

Dennoch schauen die tatsächlichen Lebensentscheidungen, die von vielen einzelnen Schritten und Stellschrauben geprägt sind, dann in der Regel ganz anders aus. Die Ernährerehe wurde in der gesellschaftlichen Realität lediglich durch das Modell der Zuverdienerehe abgelöst, was in Bezug auf die nach wie vor unzureichende eigenständige Existenzsicherung von Frauen im Alter höchstens einen graduellen Fortschritt darstellt.

Was ist dagegen zu tun? Hierfür steht sowohl die Gesellschaft als auch der Staat in der Verantwortung. Denn die Politik hat sehr wohl die Aufgabe, im Rahmen ihrer Steuerungsmöglichkeiten das ihre zu tun, um falsche Anreizsysteme abzuschaffen, Gleichberechtigung in Beruf und Familie zu fördern und diejenigen zu unterstützen, die unsere Zukunft darstellen – Menschen mit Kindern, unabhängig von Geschlecht der Eltern und Ehe- und Familienstatus.

Dazu gehören arbeitsmarktpolitische Weichenstellungen wie ein Rückkehrrecht in Vollzeit, damit gerade Mütter der jahrelangen Teilzeitfalle leichter entkommen können, Anreize, Elternzeit auch wirklich hälftig aufzunehmen wie es unser Grünes Modell der 3 x 8 Elternmonate vorsieht, und eine Abschaffung des Ehegattensplittings zu Gunsten einer Individualbesteuerung mit gleichzeitiger Kindergrundsicherung und höheren Freibeträgen für Erziehende.

Und gerade in Bayern haben wir noch besonders viel vor uns, denn das unselige Landesbetreuungsgeld, dass das Bundesverfassungsgericht im Bund mit gutem Grund gekippt hat, speist all die Frauen (denn es sind nur 5% Männer darunter!), die Kinder zu Hause betreuen mit 150 Euro ab und setzt sie damit der abhängigkeit von Ihrem Partner aus, anstatt ihnen zumindest ein eigenständiges Auskomen zu ermöglichen. Das ist zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel, und bildet damit einen weiteren Baustein für den Gender Pension Gap. Die 200 Millionen Euro, die der Freistaat jährlich dafür in die Hand nimmt, währen besser in einem flächendeckenden Ausbau von Krippen- und Kita-Plätzen investiert, denn auch da herrscht in Bayern noch großer Mangel.

Soll sich die Gesellschaft ändern, braucht es mehr als Apelle, hier braucht es stimmige Rahmenbedingungen. Trotzdem ist es wichtig, besonders bei Kindern und Jugendlichen gegen geschlechtsspezifische Rollenbilder vorzugehen, die sie in ihren Entscheidungen beeinflussen und damit sowohl den Gender Pay Gap als auch die Pension Gap festigen.

Wir begrüßen dazu die Kampagne und den Videospot, denn das Aktionsbündnis Equal Pension Day ins Leben gerufen hat.

 

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