DEMO UND STRASSENFEST
Am 05. August 2017 feierte Nürnberg seinen 20. Christopher Street Day. Die traditionelle Demo für LSBTIQ-Rechte fand diesmal in Form einer Parade statt – denn mit der Einführung der Ehe für Alle durch die Bundestagsmehrheit kurz vor der Sommerpause wurde ein echter Meilenstein erreicht.
Dies war dem langen Kampf vieler zivilgesellschaftlicher Akteurinnen und Akteure ebenso zu verdanken wie dem nachdrücklichen Einsatz der grünen Bundestagsfraktion für das Thema, aber auch der Tatsache, dass wir sie klipp und klar zur Bedingung für alle künftigen Koalitionen gemacht hatten. Grund genug für uns Grüne, auf der Parade mit guter Musik und noch besserer Stimmung auf unserem Wagen präsent zu sein und anschliessend auf dem Strassenfest Bilanz zu ziehen, was wir gemeinsam geschafft haben und woran wir noch weiter politisch arbeiten müssen.
Hier dazu Verenas Grußwort:
Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Community,
pünktlich zum 20. Christopher Street Day in Nürnberg und kaum 27 Jahre nach dem ersten Grünen Antrag im Bundestag ist sie endlich da – die Ehe für Alle! Ein Grund zum Feiern! Endlich verweigert Deutschland den Menschen hier nicht mehr gleiche Rechte für gleiche Liebe!
Ein wahnsinniger Erfolg für die ganze Community, die jahrelang gekämpft hat gemäß dem heutigen Motto „Wir sind queer! – Gemeinsam stark!“ Denn wenn die Bevölkerung etwas wirklich will, und 83% waren zuletzt für die Ehe für alle, dann setzt sich politische Vernunft am Ende doch gegen alle Widerstände durch. Und auch die Union musste nach jahrelangen Verhinderungstaktiken erkennen, dass genug Ehe für Alle da ist!
Wir können uns alle auf die Schultern klopfen und den einen oder anderen Prosecco köpfen! Ich bin dabei auch stolz auf die Grüne Beharrlichkeit, vor allem auf Volker Beck, der daran als unverrückbare Bedingung für jede Koalition in das Wahlprogramm fest hielt, sonst wäre es jetzt mit Sicherheit nicht bereits vor der Bundestagswahl Realität geworden.
Aber egal wie und warum: es zeigt, wir leben nun wirklich in einem anderen Land als noch vor knapp 30 Jahren. Das ist nicht nur gut so, das ist phantastisch! Wenn jetzt selbst die evangelische Kirche die Ehe für Alle lobt (gut, die katholischen Kirche braucht noch Zeit, die haben aber noch genug zu tun mit ihren Domspatzen), dann können wir wirklich sagen – wir sind alle – bunt, vielfältig und zumindest ein wenig queer, und deshalb gemeinsam stark!
Und dahinter gehen wir auch nicht mehr zurück! Ich bin mir sicher, die, die jetzt noch poltern, und mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht spielen, werden sich das auch noch sehr gut überlegen. Sie werden nicht nur verlieren, sie werden sich damit auch als völlig aus der Zeit gefallen outen.
Denn Grundrechte sind unteilbar!
Es bleibt dennoch viel zu tun für uns, um vollständige Gleichstellung, Toleranz und Respekt für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Intersexuelle und Transmenschen in Bayern, Deutschland und überall zu erreichen! Diskriminierung, Intoleranz und Anfeindungen bis hin zu gewaltsamen Übergriffen nehmen wir nicht hin – egal ob in Nürnberg, Berlin, Tschetschenien, Uganda oder Russland.
Echte Freiheit, Anerkennung, Respekt und Toleranz – das wollen wir für alle Menschen, die bei uns leben oder leben wollen.
Wie schwierig und wie ungerecht es immer noch zugeht, sehen wir auch an der Situation von Queeren Geflüchteten, die bei uns Schutz suchen. Sie leiden zum Teil unter massiver strafrechtlicher und zivilgesellschaftlicher Verfolgung bis hin zu Gefahr für Leib und Leben. Sie sind häufig traumatisiert durch physische und psychische Gewalterfahrung.
Und wenn sie hier ankommen in der vermeintlichen Sicherheit, sind sie in den bayerischen Gemeinschaftsunterkünften dann häufig wieder Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt durch andere Geflüchtete aus Staaten, in denen Homophobie verbreitet oder durch gesetzliche Regelungen politisch gewollt und gesellschaftlich akzeptiert ist. Und die Staatsregierung schaut weg, eigene Unterkünfte für queere Geflüchtete, wie sie Fliederlich in Nürnberg gegründet hat sind die Ausnahme.
Obwohl Verfolgung aufgrund von sexueller Orientierung – eigentlich – ein glasklarer Asylgrund ist, wird dieses Recht immer wieder unter fadenscheinigen Vorwänden ausgehöhlt. Da schieben die bayerischen Behörden zum Beispiel ein russisches homosexuelles Paar ab, dem in seinem Heimatland Repressalien und eine gerichtliche Verurteilung drohen. Sehenden Auges schiebt die CSU-Regierung diese Menschen ins Verderben ab. Das darf so nicht weitergehen!
Wir Grüne wollen der besonderen Schutzbedürftigkeit von queeren Geflüchteten gerecht werden und die Abschiebepraxis der CSU-Regierung stoppen.
Es gibt also doch noch viel zu tun, hier in Bayern und in Deutschland. Damit alle Menschen bei uns so leben können, wie sie es gern möchten – unabhängig von Geschlecht, sexueller Identität, sozialer oder ethnischer Herkunft, Religion, Behinderung, Alter oder Aussehen. Kämpfen wir also weiter für unsere Grundrechte, und feiern wir heute vor allem, dass endlich, endlich alle Menschen in Deutschland sich für oder gegen eine Ehe entscheiden können, ganz wie es Ihnen gefällt!