Studienabbrüche vermeiden – und zwar jetzt!

PLENARREDE

Erste Lesung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes (Anpassung von Studierendendaten an das Hochschulstatistikgesetz) Drs. 17/17858  im Plenum am 27. September 2017

Hier finden Sie die Rede in Wortlaut. Es gilt das gesprochene Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,

das neue Hochschulstatistikgesetz, das der Bundesgesetzgeber erlassen hat, ist unumstritten. Es war dringend notwendig, dass der Bundestag bei der Hochschulstatistik endlich gehandelt hat und diese Reform eingebracht hat. Hier wurde, und das sage ich als datenschutzpolitische Sprecherin meiner Fraktion, ein guter Kompromiss zwischen Persönlichkeitsschutz und dem berechtigten Interesse zur Datenerhebung gefunden. Natürlich werden wir dem Gesetz zustimmen.

Dass die Datenlage zu den Studienabbrecherinnen und Studienabbrechern mager ist, wissen wir ja schon lange. 2014 hatten wir im Wissenschaftsausschuss mit Sachverständigen darüber diskutiert, wie wir Studienabbrüche vermeiden können. Aber in weiten Teilen drehte sich die Diskussion darum, dass wir zu wenig Zahlen auf dem Tisch liegen haben. Etwas wie einen Längsschnitt, eine Studienverlaufsstatistik, hat es bisher nicht gegeben. So etwas wie Studienerfolg zu messen ist aber ungemein schwer, wenn wir nicht flächendeckend wissen, wer ein Studium tatsächlich abgebrochen hat, oder wer vielleicht nur in eine andere Stadt oder einen anderen Studiengang gewechselt ist. Daher unsere Unterstützung für dieses Anpassungsgesetz.

Die viel weitreichendere politische Frage ist aber: wie gehen wir am Schluss mit den Daten um? Denn auch schon 2014 – bei der Sachverständigenanhörung – hatten wir eigentlich schon Lösungen parat, um die Zahl der Studienabbrecher zu senken. Es gibt bereits viele Erkenntnisse in dem Bereich. Und es gibt viele Lösungen, die einige Hochschulen bereits erfolgreich umsetzen. Immerhin einem Drittel der Studierenabbrecher hätte man helfen können, indem man schon im Vorfeld eine realistische Erwartung an das Studienfach vermittelt. Wir wünschen uns dabei eine größere Unterstützung durch den Freistaat für diese Hochschulen.

Ebenso viele Studierende geben ihr Studium aber aus Gründen wie Geldsorgen, Unvereinbarkeit mit Beruf und Familie oder schlechten Studienbedingungen auf. Was sind also die Hebel, die wir auch jetzt schon kennen?

Soziale Faktoren sind für viele Studienabbrüche verantwortlich. Deswegen müssen wir die soziale Flankierung des Studiums deutlich ausbauen. Der Sachverständige des DZHW hat uns in der Anhörung ganz deutlich gesagt: Ein großer Teil der Studienabbrecher gibt sein Studium aus finanziellen Gründen auf. Sei das das viel zu niedrige BAföG – auch dafür könnte sich die Staatsregierung oder die CSU als Koalitionspartner in Berlin stark machen. Oder seien es die fehlenden Wohnheimplätze, fehlende psychosoziale Beratung oder eine mangelnde Unterstützung von kranken Studierenden, die die Weiterführung ihres Studiums deshalb nicht finanzieren können. Hier wäre der Freistaat auf seinem originären Handlungsfeld. Anstatt jedoch mehr Geld zu investieren, ist die Förderung der Studierendenwerke pro Kopf in den vergangenen 12 Jahren effektiv gesunken! Das ist ein Armutszeugnis – leider im wahrsten Sinne des Wortes!

Bei schlechten Rahmenbedingungen für das Studium möchte ich auch auf die Regelungen zur Regelstudienzeit eingehen. Wenn nämlich die Regelstudienzeit für Bachelor- ebenso wie für Masterstudiengänge signifikant von der tatsächlichen Studiendauer in der Realität da draußen abweicht, dann läuft irgendetwas falsch. In dem Bereich haben wir heute teilweise schon Zahlen der Hochschulen. Wir wissen also, dass hier etwas im Argen liegt. Dass Regelstudienzeiten nicht eingehalten werden, liegt nicht daran, dass die bayerischen Studierenden etwa besonders faul wären: Oft sind die Studierbarkeit der Fächer oder die infrastrukturellen Rahmenbedingungen einfach so angelegt, dass ein Studium in der Regelstudienzeit nahezu unmöglich ist. Für Menschen, die auf BAföG oder einen Wohnheimsplatz angewiesen sind, kann das existenziell sein. Diese sozialen Leistungen sind nämlich oft an die Einhaltung der Regelstudienzeit gekoppelt. So entziehen wir jungen Menschen oft kurz vor dem Abschluss ihres Studiums ihre Finanzierungsquelle.

Wie gesagt: Wir begrüßen, dass es jetzt eine Studienverlaufsstatistik geben soll. Allerdings sind viele der notwendigen Maßnahmen schon heute bekannt. Wir müssen uns endlich daran machen, sie umzusetzen anstatt zu warten, ob die neuen Längsschnittdaten in ein paar Jahren erst bestätigen, was wir heute schon wissen: Dass noch viel getan werden kann, um Studienabbrüche zu verhindern.

Vielen Dank.

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