Politik für Frauen – was steht an in der neuen Legislaturperiode?

STANDPUNKT

Politik für Frauen ist keine Klientelpolitik, sondern Politik für eine gerechtere und solidarischere Gesellschaft, von der auch Männer profitieren. In Bayern leben mehr Frauen als Männer, sie sind aber nach wie vor weit davon entfernt auch die Hälfte der Macht zu haben. Frauen sind nach wie vor benachteiligt bei der Entlohnung, bei der Besetzung von Führungspositionen im öffentlichen Dienst, in Universitäten, von der freien Wirtschaft ganz zu schweigen. Sogenannte weibliche Berufsfelder haben wenig Entwicklungspotenziale, die Ausweitung der Minijobs und das Betreuungsgeld tun ihr Übriges, die Frauen vom Arbeitsmarkt fernzuhalten. Hier wurde in der vergangenen Wahlperiode in Bund wie in Bayern von Regierungsseite widersprüchliche Signale gesendet: Einerseits setzte die Reform des Scheidungsrechts darauf, dass Frauen für sich selbst sorgen, andererseits fehlte der politische Wille, steuernd einzugreifen um Frauen im Gegenzug auch adäquate Berufs- und Aufstiegschancen zu geben. Dass unsere langjährige Forderung nach einer echten Quote nun auch europäischen Rückenwind erfährt, ist einerseits erfreulich, zeigt aber auch, dass das „Heilmittel“ der freiwilligen Selbstverpflichtung der Unternehmen eindeutig gescheitert ist.

Wir Grüne im Bayerischen Landtag werden deshalb in den kommenden fünf Jahren weiter hartnäckig an der Reform der bayerischen Gleichstellungspolitik arbeiten. Was viele Kommunen in ihren Verwaltungen bereits erfolgreich praktizieren – ein umfassendes Anhörungs- und Mitspracherecht der Gleichstellungsbeauftragten nicht nur bei Stellenbesetzungen, sondern bei allen haushaltsrelevanten Projekten, fehlt auf Landesebene noch. Hierfür bedarf es zum Beispiel auch einer Novellierung des Gleichstellungsgesetzes für den öffentlichen Dienst und die Bündelung der Kompetenzen bei einer oder einem Landesbeauftragten für Gleichstellung mit umfangreichen Rechten und angemessener Ausstattung. Bayern hat die große Chance, mittels einer gezielten Initiative zur Frauenförderung und mehr Teilzeitstellen in Führungspositionen im Öffentlichen Dienst und an den Hochschulen zum bundesweiten Vorbild für eine reelle Gleichstellungspolitik zu werden. Mit einem Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft und gezielter Vergabe öffentlicher Aufträge kann auch hier die Chancengleichheit für Frauen und Männer verbessert werden.

Auch der qualitative und quantitative Ausbau der Kinderbetreuung muss wesentlich stärker vorangetrieben werden, so dass die freie Wahlmöglichkeit wahrhaftig wird. Wir wollen, dass Genderpolitik in der (Früh-) Pädagogik, bei der Ausbildung der ErzieherInnen und in den Lehrplänen verankert wird, und im Gegenzug die Arbeit in KiTas und Grundschulen auch für Männer wieder attraktiver wird, damit Kinder von Anfang an Rollenvorbilder beider Geschlechter um sich haben. Die Vereinbarkeit von Lebens- und Arbeitswelt ist auch ein Thema für Männer, deshalb müssen auch sie als Mitwirkende für Gleichberechtigung stärker in den Blick genommen werden. in Zeiten zunehmender Arbeitsverdichtung bedarf es Ausbau von flexiblen Arbeitszeitmodellen für alle, um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Gesundheitsvorsorge, Ehrenamt und Freizeit zu gewährleisten.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO bezeichnet Gewalt gegen Frauen als eines der größten Gesundheitsrisiken weltweit. Deshalb werden wir darauf hinwirken, dass die 2011 unterzeichneten Konvention des Europarats „über die Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt“ endlich Anwendung findet. Hier wurde erstmals ein völkerrechtlich verbindliches Instrument geschaffen, dass Gewalt gegen Frauen eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung ist.

Die Bayerischen Frauenhäuser brauchen endlich Planungssicherheit, so dass der Schutz aller Frauen, die Opfer von Gewalt wurden sichergestellt wird. Frauen müssen über Beratungsmöglichkeiten in einer ihnen verständlichen Sprache aufgeklärt werden. Hier muss eine unabhängige Landesfachstelle gegen Gewalt an Mädchen und Frauen ein erster wirksamer Schritt sein.

Und in der jüngst in den Medien vorangetriebenen Diskussion zur Prostitution sind wir uns einig, dass es im Bereich der legalen Prostitution und bei der Bekämpfung des Menschenhandels dringenden Handlungsbedarf gibt.

Auf der Politischen Ebene fehlt es derzeit an Mut, auch vor der eigenen Tür zu kehren. Eigentlich sollte es längst selbstverständlich sein, dass Frauen eine ihrem Anteil an der Bevölkerung angemessene Repräsentanz haben. Viele Grundsatzfragen würden sich damit erübrigen und manche Entscheidung sicherlich anders ausfallen. Wir Grüne halten es parteiintern seit langem so und setzen uns dafür ein, dass Entscheidungs- und Kontrollgremien grundsätzlich paritätisch besetzt werden – sei es in den Rundfunk- und Medienräten, oder auch im Bayerischen Landtag. Dass auch hier ohne gesetzliche Regelungen wenig vorangeht zeigt sie traurige Tatsache, dass hier der Frauenanteil in der 17. Legislatur erneut gesunken ist und aktuell nur noch 29,4% beträgt. Um hier gegenzusteuern, könnte auch der Einsatz für ein bundesweit gültiges Paritégesetz nach französischem Vorbild helfen, um Frauen gleichen Zugang zu Wahlmandaten zu verschaffen.

Erst wenn Frauen und Männern alle Wege gleichermaßen selbstverständlich offenstehen, ist echte Gleichberechtigung erreicht. Leider sind die Wege der Frauen bislang eher Trampelpfade mit vielen Stolpersteinen und die der Männer ordentlich ausgebaute Autobahnen. Da bedarf es Nachbesserung und da haken wir nach und gestalten bayerische Politik für alle – gleichermaßen!

Beitrag von Verena Osgyan für die Bayerische Staatszeitung vom 08. November 2013

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