MEINE WEGE, DEINE WEGE – Wie geschlechtergerecht ist die Stadt- und Mobilitätssplanung?

PODIUMSDISKUSSION

Zu Gast:
Diplom-Ingenieurin Dr. Bente Knoll, Geschäftsführerin Büro für Nachhaltige Kompetenz, Wien 

Diplom-Geografin Uta Bauer, Teamleiterin Forschungsbereich Mobilität, Deutsches Institut für Urbanistik, Berlin

Anlässlich des Weltfrauentags luden die Grünen Landtagsabgeordneten Tessa Ganserer und Verena Osgyan sowie die Natalie Keller, Mitglied der Grünen Stadtratsfraktion Nürnberg, am 6. März 2021 zu einer digitalen Podiumsdiskussion ein, um mit Expertinnen über gendergerechte Stadt- und Mobilitätsplanung zu diskutieren.

Als Referentinnen waren eingeladen: Diplom-Ingenieurin Dr. Bente Knoll, Geschäftsführerin des Büros für Nachhaltige Kompetenz in Wien und Diplom-Geografin Uta Bauer, Teamleiterin Forschungsbereich Mobilität am Deutschen Institut für Urbanistik in Berlin.

Nach einem Grußwort von Xenia Mohr, Kreisvorsitzende der Grünen Nürnberg und einer Einführung in Thema von Verena Osgyan, MdL, gaben die Expertinnen jeweils ein Statement zu der Frage, wie es ihrer Einschätzung nach um die Geschlechtergerechtigkeit bei der Stadt- und Mobilitätsplanung bestellt ist und welche Schritte nötig sind, um diese zu optimieren.

Dr. Bente Knoll führte in ihrem Beitrag aus, dass Mobilität nicht nur von der Person abhängig sei, sondern auch von dem sozialen und organisationalen Umfeld. Mobilität sei immer eingebettet in bestehende Geschlechterverhältnisse und gesellschaftliche Verhältnisse. Nach 30 Jahren Gendermainstreaming wird in der Verkehrsplanung und Verkehrswirtschaft die Geschlechterperspektive immer noch nicht ausreichend berücksichtigt. Klassische und typische Situation von Menschen mit Betreuungsaufgaben im Alltag müssen mehr in die verkehrsplanerischen Entscheidungen mitaufgenommen werden. Sie fordert unter anderem, den Fokus in der Planung auf deren Vielfalt zu richten und umfassende Partizipation möglichst vieler Menschen bei den Planungsprozessen.

Uta Bauer befürwortete ebenfalls, dass Bürger*innenbeteiligung für eine optimierte Verkehrsplanung unerlässlich ist. Aus ihren Beobachtungen geht hervor, dass sich das Mobilitätsverhalten von Frauen und Männer bis zur Familiengründung nicht merkbar unterscheidet, dann aber eine Retraditionalisierung stattfinde, in der meistens die Frauen die Betreuungsarbeit leisten und somit ihre Bewegungsmuster ändern. Fußgänger*innen und Radfahrer*innen hätten im Straßenverkehr immer noch Nachteile, da der Fokus nach wie vor auf einem fließenden Autoverkehr liegt.

Natalie Keller brachte die Nürnberger Perspektive ein, wo im Frühjahr 2021 ein Mobilitätspakt mit umfangreichen Maßnahmen beschlossen wurde, um eine klimaneutrale, zukunftsfähige und stadtverträgliche Mobilität für die Nürnbergerinnen und Nürnberger zu ermöglichen. Das Ziel der Stadt sollte ihrer Ansicht sein, die Mobilität und Stadtplanung nicht nur sozial und ökologisch, sondern auch geschlechtergerecht zu gestalten.

Sie führt eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung an, die nachgewiesen hat, dass 70 % der Paare ihre Aufgabenteilung während der Corona-Pandemie nicht geändert haben. Stadtplanung müsse sich also auch mit den Alltagsbedürfnissen von Frauen beschäftigen.

Abschließend wird klargestellt, dass es bei der gendergerechten und inklusiven Stadt- und Mobilitätsplanung nicht darum gehe, etwas weg zu nehmen, sondern darum, die Stadt- und Verkehrsplanung durch neue Impulse anzureichen. Folgende Maßnahmen wurden genannt:

  • Die Verkehrspolitik soll unter sozialen, inklusiven, gender- und divers sensiblen Punkten geplant werden.
  • Bei der Planung der Stadt und der Mobilität sollen die Menschen sich mit ihren Ideen, Forderungen und Wünschen beteiligen.
  • Die Verkehrspolitik muss weg vom Vorrecht des Autos und hin zu einer Mobilität und Stadt, die bspw. Fußgehende, Radfahrende und Menschen mit Betreuungsaufgaben nicht benachteiligt.
  • Ein verstärkter Ausbau des ÖPNVs und Alternativen vor allem in ländlichen Räumen ist grundlegend.