HAUSHALTSREDE
In ihrer Rede zum Einzelplan 15 Wissenschaft und Kunst des Doppelhaushalts 2019/2020 machte Verena Osgyan deutlich, dass der Unterhalt des Bestehenden endlich Vorrang haben muss vor der Ankündigung immer neuer Großprojekte.
Hier geht es zu Verenas Rede im Volltext:
Es gilt das gesprochene Wort
Frau Präsidentin,
meine Damen und Herren,
wir haben gerade stolz erklärt bekommen, wie der bayerische Wissenschaftshaushalt anwächst. Aber gleichzeitig wachsen auch die strukturellen Löcher und werden immer offensichtlicher. Stattdessenwerden immer neue Großprojekte auf Kosten des Unterhalts des Bestehenden versprochen.
Ich beschreibe das anhand der alltäglichen Wahrnehmung der Studierenden und Lehrenden.
Einige hier im hohen Haus haben vielleicht selbst seinerzeit in einemStudierenden-Wohnheim gewohnt. Heute wird das leider immer weniger Studierenden zuteil, es werden seit Jahren kaum neue Wohnheimplätze gebaut. Nicht einmal jeder zehnte Student oder jede zehnte Studentin können einen Wohnheimplatz in Anspruch nehmen.
Gerade in den großen Universitätsstädten wie München, Erlangen oder Regensburg sind sie damit einem völlig überhitzten freien Mietmarkt ausgesetzt und müssen schauen, wie sie Beträge von 600 Euro und mehr für ein WG-ZImmer herschaffen sollen.
Wie wir unter anderem aus einer Anhörung aus der letzten Legislaturperiode wissen, geben aber rund ein Drittel der Studienabbrecher mangelnde soziale Flankierung als Abbruchgrund an. Dagegen helfen auch bessere Beratungsangebote. Wir Grüne fordern deswegen pro Jahr 10 Millionen für die Studierendenwerke, die seit Jahren finanziell ausgehungert werden.
Die Mängelverwaltung geht beim Hochschulbau weiter: Mittlerweile gehört das Aufstellen von Wassereimern und -trögen mit zur regelmäßigen Tätigkeitsbeschreibung der Hausverwaltungen.
In Erlangen mussten 2013 die Archäologen ihre eigenen Schreibtische ausgraben, die Decke war ihnen wortwörtlich auf den Kopf gefallen.
Getan hat sich seither: fast nichts. Im Gegenteil: In der letzten Legislatur war der dokumentierte Sanierungsstau noch bei 3 Milliarden, nun ist von mindestens 5 Milliarden Euro die Rede. Und da sind z.B. Bedarfe wie die 1,5 Millionen Euro die allein die Uni Erlangen-Nürnberg für sich veranschlagt noch gar nicht eingepreist. Wir müssen daher ganz akut die Gelder für den Hochschulbau erhöhen. Denn ihrem Haushaltsentwurf fehlt jeder Plan, wie wir den Sanierungsstau nachhaltig abbauen können.
Dass Sie in den vergangenen Jahren zu viel auf Expansion gesetzt und uns nicht um den Erhalt gekümmert haben sieht man auch am aktuellen Beispiel der Graduiertenschulen. Meine Anfrage von letzter Woche zeigt, dass es für sie nach dem Auslaufen der Exzellenzinitiative noch keine nachhaltige Finanzierung gibt.
Beim Lehrpersonal sieht es genauso prekär aus: Heute decken fast 10.000 Lehrbeauftragte bei schlechter Bezahlung und ohne Schutz im Krankheitsfall und im Alter einen immer größeren Teil der Lehre ab.
Und das, obwohl das Gesetz Lehraufträge nur für den Ausnahmefall vorsieht.
Wir wollen daher Dauerstellen für Daueraufgaben schaffen, und den verbliebenen Lehrbeauftragten eine angemessene Bezahlung verschaffen. Wir haben dafür 25 Millionen für dieses Jahr bzw. um 50 Millionen Euro für 2020 beantragt, um diesem Missstand endlich abzuhelfen. Für die Abfederung von Härtefälle bei ehemaligen Lehrbeauftragten, die keine gesicherte Altersversorgung haben, fordern wir einen Fonds einzurichten.
Meine Damen und Herren von den Freien Wählern: in der vergangenen Legislatur waren Sie von dieser Idee ganz angetan. Sie könnten sich jetzt auch einen Ruck geben und zustimmen.
Auch insgesamt gerät die Finanzierung von Forschung und Lehre mehr in Schieflage. Gemessen an der Studierendenzahl ist die Grundfinanzierung in den letzten Jahren immer weiter gesunken und muss durch Drittmittel kompensiert werden. Abgesehen von möglichen Abhängigkeiten: Wenn Hochschullehrer immer mehr damit beschäftigt sind, Drittmittelprojekt über Drittmittelprojekt zu beantragen, anstatt Seminare zu geben, läuft etwas grundsätzlich falsch.
Wir fordern daher die Grundfinanzierung der bayerischen Hochschulen um 50 bzw. 100 Millionen Euro aufzustocken.
Besondere Unterstützung brauchen dabei die Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Seit über 20 Jahren gehört Forschung explizit zu ihren Aufgaben, sie sind aber nach wie vor fast komplett auf Drittmittel angewiesen. Für Aufgaben, die der Freistaat richtigerweise den Hochschulen überträgt, muss er aber auch die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen. Deswegen fordern wir noch einmal 10 Millionen Euro für die Forschung an HAWs.
Meine Damen und Herren,
die bayerische Wissenschaftslandschaft hat jede Menge offene Baustellen. Und da spreche ich jetzt noch gar nicht vom neu hinzugekommenen 150–Millionen-Loch beim Deutschen Museum, da spreche ich von den seit langen absehbaren Pflichtaufgaben.
Deswegen bitte ich um Ihre Zustimmung zu unseren Änderungsanträgen.
Vielen Dank!