Zur Halbzeit im bayerischen Landtag: Alles andere als langweilig!

GRUSSWORT

Liebe Freundinnen und Freunde,

von mir herzlichen Dank, dass ich euch heute mein Grußwort aus dem Bayerischen Landtag zur unseren Grünen Bezirksversammlung nach Georgensgmünd bringen darf. Wir haben nun Halbzeit der Legislatur, und entgegen den Prognosen der Landtagspresse, die zu Beginn der Legislatur geklagt hatten, dass die Landespolitik „voll langweilig wäre“, können wir das im Moment absolut nicht behaupten.
Die Halbzeitbilanz der Staatsregierung fällt sehr durchwachsen aus, hier nur ein paar Schlaglichter:

  • Digitalisierung
    Breitbandausbau läuft zugegebenermaßen unter Söder, aber was aus dem vielgepriesenen Maßnahmen aus Bayern Digital sonst noch wird, steht in den Sternen. Bürgerrechte werden dabei jedenfalls nicht beachtet, die CSU-Staatsregierung will als einziges Bundesland sogar den Verfassungsschutz an die Vorratsdaten ranlassen und während Söder landesweit Freies Bayern-WLAN anbieten will, soll Geflüchteten das Taschengeld um 36 Euro gekürzt werden, wenn Freifunkvereine WLAN in Unterkünften installieren. Das ist ein Unding, dass gerade in Mittelfranken von unserem Regierungspräsidenten maßgeblich vorangetrieben wird, und da haben wir uns mit einem Antrag dagegengestellt.
  • Bildung
    Das Geeiere um G8/G9 hört nicht auf, und Spaenles Mittelstufe Plus ist jetzt schon total „überzeichnet“, da fast alle Eltern die die Wahl haben auf den G9-Zug setzen. Gleichzeitig fehlen qualitativ hochwertige gebundene Ganztagskonzepte, und Spaenles Bildungspolitik führt dazu, dass Bayern im „Chancenspiegel“ der Bertelsmann-Stiftung nach wie vor bei den Punkten Inklusion/Integration und Durchlässigkeit ganz hinten steht. Dieser ausgrenzende Ansatz setzt sich nahtlos beim neuen Lehrerbildungsgesetz fort, dass Referendarinnen und Referendaren ein – bis zu 3jährige Wartezeit aufs Referendariat zugemutet werden soll – was selbst denen, die vielleicht später nicht im Schuldienst unterkommen die Chancen raubt, in angemessener Zeit eine abgeschlossene Ausbildung zu erhalten. Alle Bildungsverbände laufen Sturm dagegen, wir auch, aber Spaenle zieht es eiskalt durch, wahrscheinlich in der Hoffnung per Vergrämungstaktik die Fehlplanung der Kapazitäten in der LehrerInnenbildung zu richten.
  • Energie
    Dass Aigner und Seehofer die Windkraft mit 10h abgewürgt haben und kein wirkliches Konzept zum Ausbau der erneuerbaren Enegrien aufweisen können, ist uns ja allen bekannt. Das Hin und Her um die Stromleitungen, wo sich die CSU erst an die Spitze der Bewegung der Stromtrassengegner gestellt hat, um dann doch auf den Nord-Süd-Link mit Erdverkabelung umzuschwenken, weil es einfach nicht anders geht, um einen bundesweiten Stromaustausch zu gewährleisten, war schon nahe am Staatsversagen. Dass jetzt die Analysen der Grünen Fraktion zeigen, dass es möglich wäre angesichts der vorhandenen Stromkapazitäten, den gefährlichen Siedewasserreaktoren in Gundremmingen sogar jetzt schon vom Netz zu nehmen, aber die Staatsregierung mauert – mit Verweis auf die weltweit unübertroffene Sicherheit der Bayerischen Reaktoren, ist schon gefährliche Dreistigkeit. Und unverantwortliches Spiel mit dem Restrisiko! Hier halten wir – danke an Martin – weiterhin dagegen, den der Ausstieg ist erst fix, wenn der letzte Meiler abgeschaltet wird. Hier auch der Hinweis auf unseren Atomkongress am 16.04.!
  • Soziales und Integration
    Auch wenn sich Emilia Müller – gerade wenn sie vor Kirchenverbänden spricht – immer gibt als ob sie Kreide gefressen hätte, gerade ihr Ressort ist ein Ort der sozialen Kälte und der ideologischen Verbohrtheit. Letzte Woche erst kam heraus, dass behinderte Kinder in Bayerischen Heimen offenbar in großem Maßstab rechtswidrig fixiert werden, das erinnert ungut an die Zustände im Maßregelvollzug. Und obwohl die bayerische Drogenpolitik krachend gescheitert ist – Die Drogentoten in Bayern steigen immer mehr an, und Nürnberg ist bundesweit trauriger Spitzenreiter, weigert sich die CSU-Regierung beharrlich mit Drogenkonsumräumen wenigstens für ein sicheres Umfeld zu sorgen. Das ist reine Ideologie, selbst der Bezirkstagspräsident Josef Mederer – selbst CSU – hat mittlerweile dafür plädiert.

Besonders übel sieht es im Bereich Asyl, Migration und Integraion aus. Bayern nimmt zwar zugegebenermaßen relativ viel Geld in die Hand für die Beschulung von Flüchtlingskindern und anderen Maßnahmen, macht aber mit scharfmacherischen Forderungen nach Zuzugsbegrenzung und Sanktionen in Anbiederung an die AFD-Wähler gleichzeitig die politische Stimmung in der ganzen Republik kaputt und treibt so der AFD die Wählerinnen auch außerhalb Bayerns zu. Die Strategie, keine Partei rechts der CSU, geht damit voll nach hinten los, mit Schaden für uns alle.
Der neueste Hit ist der Entwurf für ein Bayerisches Integrationsgesetz, das im Prinzip eine reines Sanktionsgesetz ist, denn hier sollen Geflüchtete allerlei Auflagen bekommen, wenn sie beispielsweise nicht schnell genug die Sprache erwerben, was nicht nur in weiten Teilen grundgesetzwidrig ist, sondern auch verschleiert, dass gar nicht genug Sprachangebote vorhanden sind. Anstatt auch festzuschreiben, wie Integration gefördert werden kann – wie es unser Gesetzentwurf vorsieht, ist der CSU-Entwurf ein reines Raushaltegesetz. Und der politisch, wie ich finde ,bedenklichste Teil ist die Tatsache, dass die „Leitkultur“ jetzt in ein Gesetz gegossen werden soll, ohne dass genau ausgesagt wird, was das eigentlich ist. Ich frage mich, ob das dann in eine Verwaltungsvorschrift festgelegt wird, was Leitkultur ist und was nur Kultur. Als es gibt Grundwerte, die Gesetzesrang haben, und da gibt es bereits ein sehr gutes Grundgesetz, Kultur hingegen in einem Landesgesetz festschreiben zu wollen, ist ein in der bisherigen Gesetzgebung beispielloser Fehltritt. Alle Verbände, auch die Diakonie haben sich jetzt in der Anhörung scharf dagegen ausgesprochen. Wir werden dieses Gesetz scharf bekämpfen und unsere Forderung nach einer gründlichen und vorurteilsfreien Förderung echter Integraton auch mit der Forderung nach einer Integrations-Enquette-Kommission untermauern, denn erst einmal brauchen wir eine solide Analyse, wo der Schuh drückt. Hier wurde 30 Jahre lang geschlafen…

Und wo wir schon beim unseligen Wirken des Müller-Ressorts sind, möchte ich auch gleich ein Blitzlicht auf die aktuellen Frauenpolitischen Themen im Landtag werfen, eines meiner Hauptthemen.
Das Bayern nach dem Kippen des Betreuungsgelds jetzt wider bessere Vernunft ein Landesbetreuungsgeld einführt, wisst ihr. Eine Maßnahme, die nicht nur gleichstellungspolitisch kontraproduktiv ist, denn sie führt in direkter Linie durch falsche Anreize zur Altersarmut für Frauen. Die 100 Milionen jährlich in der ersten Ausbaustufe und später sogar 260 Millionen wären besser in frühkindlicher Bildung angelegt. Wir haben dazu eine Anhörung im Landtag eingefordert, und auch hier kam raus – nahezu alle Verbände sprachen sich dagegen aus, aber das ist der CSU wurscht. Und auch sonst sieht es mit der Gleichstellung im Freistaat nicht so gut aus, auch wenn die CSU markig behauptet, es wäre doch schon alles erreicht und plötzlich die Gleichstellung für sich vereinnahmt, wenn es um Geflüchtete geht.
Ein paar Beispiele aus meiner aktuellen Arbeit:

  • Schwerpunktthema „Geflüchtete Frauen“
    Geflüchteten Frauen, wenn sie hier in Deutschland angekommenen sind, angemessenen Schutz zu gewähren, auf ihre spezifischen Bedürfnisse einzugehen und Ihnen nach häufig hochtraumatischen Kriegs- und Fliuchterfahrungen angemessene Unterstützung zu gewähren, ist eines unserer Schwerpunktthemen. Von der Staatsregierung kommen da nur Lippenbekenntnisse. Wir haben dazu viele Hintergrundgespräche geführt, unter anderem mit dem UNHCR, in mehreren Anfragen den aktuellen Sachstand recherchiert und dazu zwei Anträge gestellt zum besseren Schutz von Frauen in staatlichen Unterkünften und zur systematischen Hilfe für traumatisierte weibliche Geflüchtete. Der Schutz weiblicher Geflüchteter wird auch Schwerpunktthema für eine Arbeitsgruppe des Landesfrauenrats, ich durfte dazu zum Auftakt einen Vortrag vor dem zuständigen Fachausschuss halten, als Überblick zur aktuellen Situation. Gerne komme ich auch zu euch in eure Kreis- und Ortsverbände, um dazu eine gemeinsame Veranstaltung zu machen.
  • Schwerpunktthema „Besserer Schutz von Frauen vor sexualisierter Gewalt“
    Die Reform des Sexualstrafrechts wir derzeit im Bundestag behandelt. Ziel muss sein, endlich die Istanbuler Konvention auch in Deutschland einzuführen, die vorsieht das jegliche nicht einvernehmliche sexuelle Handlung strafbar ist – bisher sieht die aktuelle Rechtslage vor, das dies in der Regel nur bei Gewaltanwendung der Fall ist. Der aktuelle Gesetzentwurf von Justizminister Maas bietet dazu leider keine Lösung, da es immer noch das Thema Gewaltanwendung in den Vordergrund stellt, und andere Formen nicht einvernehmlichen Handelns als Ausnahme behandelt. Deshalb ist unsere Forderung „Nein heißt nein“ nach wie vor aktuell, und wir haben im Bayerischen Landtag einen Antrag gestellt, der die Landesregierung auffordert sich im Bund für eine vollumfängliche Umsetzung der Istanbuler Konvention einzusetzen. Weiterhin haben wie aktuell einen Antrag eingebracht zum Thema anonyme Spurensicherung für Opfer von Sexualstraftaten, und im Zuge der Debatte um die Übergriffe von Köln ein Positionspapier erstellt, das umfangreiche Forderungen enthält für einen besseren Schutz von Frauen vor sexualisierter Gewalt, Bildungs- und Präventivmaßnahmen  und Stärkung der Opferhilfen. Denn sexualisierte Gewalt ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen und muss auch gesamtgesellschaftlich angegangen werden. Dazu planen wir in Kürze ein umfangreiches Antragspaket.
  • Schwerpunktthema „Chancengleichheit im öffentlichen Dienst“
    Die Staatsregierung hat jüngst ihren fünfjährigen Gleichstellungsbericht vorgelegt – mit mehrmonatiger Verzögerung und erst, nachdem wir sie in einem Antrag dazu aufgefordert haben. Die Ergebnisse sind ernüchternd – der Gleichstellungsbericht gleicht einer Bankrott-erklärung. Gleichzeitig zeigt eine Anfrage meines Kollegen Thomas Gehring und mir, dass Frauen und Teilzeitkräfte im Schuldienst in Bayern systematisch schlechter beurteilt werden. Das zeigt: das bayerische Gleichstellungsgesetz ist ein zahnloser Tiger, es wird Zeit für eine Reform! Wir haben dazu einen Gesetzentwurf für ein Bayerisches Chancengleichheitsgesetz eingebracht, der leider im Ausschuss abgelehnt wurde. Aber wir bleiben hier dran und lassen nicht locker!
  • Schwerpunktthema „Frauen in der Wissenschaft“
    Noch immer ist nicht einmal jede fünfte Professur in Bayern von einer Frau besetzt – obwohl nahezu die Hälfte der promovierten AbsolventInnen weiblich ist . Deshalb haben wir im Wissenschaftsausschuss ein umfangreiches Antragspaket zur Gleichstellung von Frauen an bayerischen Hochschulen eingebracht. Die CSU hat es sich nicht getraut abzulehnen und um Vertagung gebeten – ein Zeichen, dass unsere Argumente zu schlagend sind, um sie einfach vom Tisch zu wischen!

Veranstaltungen

  • Unter dem Motto „Vorwärts in die Vergangenheit – brauchen wir einen neuen Feminismus in der Migrationsgesellschaft?“ hatten wir anlässlich des Weltfrauentags eine hochkarätig besetzte Veranstaltung u.A. mit der Keynotespeakerin Renan Demirkan.
  • Ganz herzlich möchte ich euch auch zu der überfraktionellen frauenpolitischen Veranstaltung „Starke Frauen für eine bessere Welt“ am 4.2016 in den Bayerischen Landtag einladen. Der Schwerpunkt wird diesmal „Frauen in der Wirtschaft“ sein, und ich freue mich zusammen mit den frauenpolitischen Sprecherinnen der anderen Fraktionen auf spannende Gäste. Aus Mittelfranken wird unter anderem die Brauereibesitzerin Marlies Bernreuther auf meinen Vorschlag kommen.

Ihr seht, uns und mir ist nicht langweilig, und es braucht grüne Politik in Bayern dringender denn je. Ich bin jedenfalls motiviert, in den zweiten Halbzeit noch einen Zahn zuzulegen, und ja, würde das gerne auch in der nächsten Legislatur tun. Dafür würde ich mich über eure Unterstützung aus Mittelfranken freuen.
Und ich denke, wenn wir uns die aktuelle Großwetterlage ansehen, ist Grün auch insgesamt im Aufwind. Der Deutschlandtrend sieht uns nach der BAWÜ-Wahl bei 13%, und das ist nicht nur der Kretsch-Effekt, der zeigt wie heilsam Grüne Regierungsfähigkeit für ein Land ist, sondern auch ,dass wir zur Unmenschlichkeit der AFD das klare Gegengewicht darstellen, so klar, wie es keine Partei sonst tut. Da sehe ich eher Anbiederei, sogar bei der Linken, wenn ich da Wagenknechts neue fremdenfeindliche Äußerungen lese.
Zum Umgang mit der AFD in Bayern gibt es auf übrigens mittlerweile ein sehr gute Handreichung der Landtagsfraktion, die ich euch gerne weiterleite. Denn wie das Wahlprogram der AFD gezeigt hat, geht es ihnen nicht nur um eine andere Flüchtlingspolitik, sie wollen einen Rollback in allen gesellschaftlichen Bereichen (Gleichstellung, Arbeitnehmerrechte, Atomkraftausstieg), also alle Werte einer offenen Gesellschaft auf die wir zu Recht stolz sind. Das werden wir nicht hinnehmen, und laut und deutlich artikulieren.
Zusammenfassend kann ich nur sagen:
Grün kann Opposition, aber kann auch regieren, ohne den Markenkern aufzugeben –vielleicht sogar bald in Bayern, denn in zweieinhalb Jahren kann noch viel passieren. Seien wir also weiterhin stark und optimistisch. Danke!

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